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  • Dr. Harald Wiesendanger

Wann, wenn nicht jetzt?

Aktualisiert: 24. Okt. 2021

Erst Großbritannien. Dann Dänemark. Nun auch Norwegen. In Europa heben immer mehr Länder sämtliche Corona-Beschränkungen auf. Schweden kopierte gar nicht erst Rotchinas Hygiene-Inszenierung von Wuhan, die eher unter die Kategorie „Kriegslist“ fällt. Doch ein „Freedom Day“ in Deutschland? Vorerst keinesfalls, so wiegeln Bedenkenträger ab, aus einem Dutzend angeblich schwerwiegendster Gründe. Wer versteht sie noch? „Wütet“ Corona zwischen Flensburg und Passau etwa viel, viel schrecklicher als andernorts, wo Freiheit katastrophenfrei möglich ist?


„Wütet“ Corona in Berlin ärger als in Stockholm oder London, in Amsterdam, Kopenhagen oder Oslo – so schlimm, dass uns bis auf weiteres Freiheiten vorenthalten werden müssen, die Nachbarstaaten gewähren, und das anscheinend ungestraft? Sind es nicht vielmehr chronische Bedenkenträger der Lauterbach/Drosten/Wieler-Fraktion, lauter „Covid-Heulbojen“ - O-Ton Oskar Lafontaine -, die in der Bundesrepublik schlimmer wüten als anderswo, ermutigt durch ein unübertrefflich duldsames Volk, das einfach nicht aufhören will, sich die sprichwörtliche „German Angst“ einjagen zu lassen? Wie kann es sein, dass immer mehr Länder Europas ihren „Freedom Day“ feiern, während hierzulande selbst Ärztevertreter die mediale Hinrichtung riskieren, sobald sie so etwas vorzuschlagen wagen?


Ab sofort: Norwegen kehrt zum Alltag zurück


Am vergangenen Samstag, dem 25. September, Punkt 16 Uhr, hörte Norwegen schlagartig auf, sich von Aerosolen menschlichen Ursprungs verrückt machen zu lassen: Es hob so gut wie alle Corona-Maßnahmen auf. Massenhaft fielen Masken, die bisherige Ein-Meter-Abstandsregel wird plötzlich kaltschnäuzig ignoriert. Niemand muss noch Test- oder Impfnachweise vorzeigen. Keine Seuchenschutzauflagen begrenzen mehr Veranstaltungen und Zusammenkünfte. Und so konnten Kinos, Theater und Museen wieder ohne Einschränkungen öffnen. In Oslo und anderen Städten lachten, plauderten, tanzten dichtgedrängt Zehntausende. Cafés und Gasthäuser waren voll. Aus langen Warteschlangen vor Bars und Diskotheken erklangen fröhliche Lieder. Partys überall. Unter Nordlichtern am sternenklaren Himmel feierte ein Volk ausgelassen bis in den frühen Morgen die Rückkehr zum Alltag, wie erlöst von einem Albtraum. Wem das zu früh, zu gefährlich ist, der macht eben nicht mit, distanziert und und maskiert sich weiterhin.


"Es ist 561 Tage her, dass wir die härtesten Maßnahmen in Friedenszeiten eingeführt haben“, erklärte Ministerpräsidentin Erna Solberg tags zuvor auf einer Pressekonferenz. „Jetzt ist die Zeit gekommen, zu einem normalen Alltagsleben zurückzukehren.“ (1)


Somit verlangt Norwegen von Unternehmen nicht länger, Maßnahmen zur sozialen Distanzierung zu ergreifen. Auch erlaubt es Sport- und Kultureinrichtungen sowie Restaurants, ihre volle Kapazität zu nutzen. Auch Nachtclubs dürfen wieder öffnen.


Solberg hatte bisher die ersten drei Schritte eines Vier-Stufen-Plans zur Aufhebung der seit März 2020 verhängten sozialen und wirtschaftlichen Beschränkungen umgesetzt, die letzte Stufe jedoch mehrmals verschoben, aus Sorge um die Ansteckungsraten.

"Wir haben lange Zeit mit strengen Maßnahmen an den Grenzen gelebt. Das war wichtig, um eingeschleppte Infektionen zu bekämpfen. Wenn wir nun zu einem normalen Alltag übergehen, schlägt die Regierung eine schrittweise Lockerung der Einreisebeschränkungen vor. Dies wird unter strenger Überwachung geschehen", sagte die Ministerin für Justiz und Katastrophenschutz, Monica Mæland, in einer Erklärung auf der Website der Regierung.


"Kurz gesagt, wir können jetzt ganz normal leben", sagte Solberg.


Das Virus könne nunmehr als Auslöser „einer von mehreren Atemwegserkrankungen mit saisonalen Schwankungen“ betrachtet werden, sagte Geir Bukholm, der stellvertretende Direktor des norwegischen Instituts für öffentliche Gesundheit. Anfangs hatte Norwegen Covid-19 als allgemein gefährliche Krankheit eingestuft; doch diese offizielle Klassifizierung könne sich bald ändern, sagte er. "Wir befinden uns jetzt in einer neuen Phase. Das liegt daran, dass die große Mehrheit der gefährdeten Personen geschützt ist", so bezog sich Bukholm auf die laufende Impfkampagne. Nach Angaben des norwegischen Instituts für öffentliche Gesundheit sind etwa 67 % der Bevölkerung vollständig geimpft.


Uneingeschränkte Einreisen werden zumindest aus einigen Ländern wieder zulässig, unter anderem aus der gesamten EU und dem Vereinigten Königreich. Soweit Auflagen fortbestehen, sollen sie schrittweise fallen.

„Freedom Day“ – England als Vorreiter


Den Anfang machte England: Am 19. Juli 2021 liefen dort schlagartig so gut wie alle staatlichen Corona-Maßnahmen aus. (Siehe KLARTEXT: „Spinnen die Engländer?“) „Wann, wenn nicht jetzt?“, hatte Premier Boris Johnson bei einer virtuellen Pressekonferenz gefragt. Eigenverantwortung statt Vorschriften – so lautete fortan die Devise. Das Maskentragen ist nun so gut wie überall in England freiwillig, ebenso das Abstandhalten. Es gibt keine Beschränkungen mehr für Clubs oder private Partys. Auch Theater und Kinos dürfen ihre Säle voll besetzen. Versammlungen sind ohne Obergrenzen wieder erlaubt.


Trotzdem warnt das Auswärtige Amt weiterhin „vor nicht notwendigen, touristischen Reisen“ dorthin, unter anderem wegen „Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens“. Immer noch stuft es das Vereinigte Königreich als „Hochrisikogebiet“ ein. (2) Völlig zurecht – denn ein Aufenthalt dort birgt ein gewaltiges Risiko: Eindrücke zu sammeln, die Deutschlands Querdenkern rechtgeben.


Dänemark zog nach


Schon ab April hatte Dänemark Corona-Beschränkungen schrittweise gelockert, am 10. September fielen sie vollständig. (3) Am 14. Juni endete dort die Maskenpflicht, die seit 22. August 2020 landesweit gegolten hatte. Am 10. September beschloss das Parlament in Kopenhagen, Covid-19 nicht länger als „kritische Bedrohung für die Gesellschaft“ einzustufen, sondern bloß noch als „gefährliche“ Infektionskrankheit. Den Nachweis über Impfung, Genesung oder negativen Test braucht es dort nicht mehr, auch nicht bei Großveranstaltungen mit Zehntausenden Teilnehmern. Bei ähnlicher Infektionslage wie in Deutschland beginnt unser nördlicher Nachbar, mit dem Virus zu leben. Er toleriert auch höhere Inzidenzen und orientiert sich an der tatsächlichen Krankheitslast. Die Pandemie sei nicht vorbei, aber „unter Kontrolle“, erklärte der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke.


Schwedens Sonderweg hat sich bewährt


Dem weltweiten Lockdown-Fetischismus, angeheizt durch eine suspekte Seucheninszenierung der kommunistischen Partei Chinas (4) und von der WHO voreilig zum weltweiten Vorbild ausgerufen, hatte sich Schweden von Anfang an verweigert. Schulen, Geschäfte, Betriebe blieben geöffnet, Maskenzwang bestand zu keiner Zeit. Andere Corona-Regeln wie das Abstandhalten waren eher Empfehlungen als Gebote, adressiert an mündige, eigenverantwortliche Bürger, die lieber auf sich selbst aufpassen, statt sich von einem überfürsorglichen Staat gängeln zu lassen. Das soziale Leben blieb weitgehend unberührt.


Brach über Schweden deswegen die Apokalypse herein? Die Gesamtmortalität verharrte auf dem Niveau starker saisonaler Grippewellen. Im Jahr 2020 unterbot die Sterblichkeitsrate bei unter 65-jährigen trotz Covid den Fünfjahresdurchschnitt. Das Durchschnittsalter der Covid-Todesfälle in Schweden liegt bei 84 bis 85 Jahren. Seit Juni 2020 verzeichnete Schweden eine unterdurchschnittliche Gesamtsterblichkeit. Covid-Krankenhauseinweisungen und Todesfälle sind nahe Null. Bis Sommer 2021 lag Schwedens Covid-Sterblichkeit weiterhin unter dem europäischen und US-amerikanischen Durchschnitt. Dabei hat Schweden weist eine der dürftigsten Intensivbettenkapazitäten in Europa auf, zweimal niedriger als Italien und fünfmal niedriger als Deutschland.


In der ersten Septemberwoche hat Schweden angekündigt, die wenigen verbliebenen Corona-Beschränkungen für öffentliche Einrichtungen wie Restaurants und Theater am 29. September aufzuheben, wie auch für Versammlungen und Veranstaltungen mit mehreren tausend Teilnehmern: "Das bedeutet, dass der Veranstalter nicht verpflichtet ist, die Anzahl der Teilnehmer in Räumlichkeiten und abgegrenzten Bereichen oder Räumen, die ihm zur Verfügung stehen, zu begrenzen“, so hieß es in einer Mitteilung der Regierung.


Warum also kein „Freedom Day“ in Deutschland?


Haben von London bis Stockholm, von Oslo bis Kopenhagen etwa Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker und Aluhutträger das Ruder übernommen? Fahren sie ihre Gesundheitssysteme mit Volldampf an die Wand? Und wie steht es mit Ungarn, Rumänien, Bulgarien und den meisten weiteren Staaten Osteuropas, die de facto alle Corona-Maßnahmen ebenfalls beendet haben? (Siehe KLARTEXT: „Wie im Meer versunken“.) Sind die Krematorien von Budapest, Bukarest und Sofia mittlerweile überlastet, die Friedhöfe überfüllt?


Es müsse endlich „Schluss sein mit Gruselrhetorik und Panikpolitik!“, erklärte der Vizechef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, Mitte September gegenüber der Tageszeitung Die Welt. „Wenn eine Impfpflicht nicht gewollt ist – und ich will sie auch nicht –, dann gibt es politisch nur eine Alternative: die Aufhebung aller staatlich veranlassten Restriktionen.“ Weil mittlerweile alle Menschen in Deutschland Zugang zum Impfstoff haben, liege die Verantwortung für die eigene Gesundheit bei den Einzelnen und nicht mehr beim Staat.


Tags darauf sprang KBV-Chef Andreas Gassen seinem Stellvertreter bei. "Nach den Erfahrungen aus Großbritannien sollten wir auch den Mut haben zu machen, was auf der Insel geklappt hat", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Dort ist das Gesundheitssystem nicht kollabiert.“ Das müsse Mut machen, zumal das deutsche Gesundheitswesen deutlich leistungsfähiger sei und mehr Schwerkranke behandeln könne. In Großbritannien seien wissentlich mehr Infektionen zugelassen worden. Das sei durchaus "forsch" gewesen, die momentane Situation dort gebe den Befürwortern des "Freedom Day" jedoch recht.


Also brauche es jetzt eine klare Ansage der Politik: In sechs Wochen ist auch bei uns Freedom Day! Am 30. Oktober werden alle Beschränkungen aufgehoben!“ Seit anderthalb Jahren, so beklagte Gassen, folge Corona-Politik der Linie "Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht". Es gebe eine "German Angst", und man sei "wohl viel zu lange einer Kontrollillusion aufgesessen. Deswegen ist der Kurswechsel für einige umso schwieriger". Ohne die Ankündigung eines "Freiheitstages" würde sich Deutschland endlos weiter durch die Pandemie schleppen.


„Corona wird nicht verschwinden - wir müssen endlich lernen, mit diesem Virus zu leben“, fügte Gassen gegenüber Focus Online hinzu. „Nicht 3G oder 2G - wir brauchen endlich eine Exit-Strategie.“


Für diejenigen, die sich weiterhin nicht impfen lassen möchten, bestehe zwar immer ein Restrisiko, auf der Intensivstation zu landen, etwa weil Vorerkrankungen nicht entdeckt worden seien, die bei einer Corona-Infektion zu schweren Verläufen führen. "Aber es ist nicht Aufgabe des Staates, jeden davor zu schützen, wenn längst ausreichend Impfstoff da ist“, so gab Gassen zu bedenken.


Spahns Wortbruch – zum wievielten Mal?


Die Ärztevertreter griffen bloß auf, was zuvor das Kanzleramt und zwei Kabinettsmitglieder in Aussicht gestellt hatten. „“Wenn wir jedem in Deutschland ein Impfangebot gemacht haben, dann können wir zur Normalität in allen Bereichen zurückkehren. Und alle Einschränkungen fallen“, versprach Kanzleramtsminister Helge Braun am 6. März. „Diejenigen, die ihr Impfangebot nicht wahrnehmen, treffen ihre individuelle Entscheidung, dass sie das Erkrankungsrisiko akzeptieren. Danach können wir aber keine Grundrechtseinschränkung eines anderen mehr rechtfertigen." (5) Aber was kümmert ihn heute sein Geschwätz von gestern?


„Wenn alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot haben, gibt es rechtlich und politisch keine Rechtfertigung mehr für irgendeine Einschränkung“: So unmissverständlich sprach sich Außenminister Heiko Maas Anfang Juli ebenfalls für ein zügiges Ende der Corona-Maßnahmen aus.


Ins selbe Horn blies einen Monat später Gesundheitsminister Jens Spahn. Am 4. August sprach er sich bei einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses des Bundestags dagegen aus, die Ende September auslaufende Pandemie-Notlage „von nationaler Tragweite“ zu verlängern. Deren Auslaufen betrachte er als ein „politisches Signal“. Sollten danach weitere Maßnahmen nötig seien, so könnten diese auf Länderebene beschlossen werden. (6)


Doch wie seltsam: Solche Töne schlug Spahn anschließend kein weiteres Mal mehr an. Im Gegenteil: Dass das Parlament die „Notlage“ drei Wochen später abermals verlängerte, betrieb, begrüßte und rechtfertigte er, ohne schamrot zu werden. Schließlich sei „die Pandemie noch nicht vorbei“. Es bedürfe weiterer Maßnahmen, besonders solange es noch so viele Ungeimpfte gebe. Ziel bleibe, eine Überlastung des Gesundheitswesens zu vermeiden. Um sicher durch die vierte Corona-Welle zu kommen, brauche es zudem eine höhere Impfquote.


Wer oder was veranlasste Spahns Kehrtwende? Pfiff die Kanzlerin ihn zurück? Wessen Rat war es, der sie dazu veranlasste? Kein Mainstream-Medium hakte deswegen nach, keines machte die geringsten Anstalten, die Bundesregierung deswegen in Bedrängnis zu bringen.


Und so verlängerte sich ein weiteres Mal eine stattliche Liste gebrochener Versprechen. Zunächst galt es „to flatten the curve“. Als alle relevanten Kurven nicht bloß abgeflacht, sondern steil abgestürzt waren, musste erst noch der R-Wert unter 1 sinken. Das tat er schon vor Beginn des ersten Lockdowns – doch nun war die Inzidenz zu hoch. Unter 50 muss sie liegen, besser 35, noch besser 20, ideal wäre Null. Einen sonnigen Sommer 2020 lang war der Wert einstellig, nur eine Vervielfachung von Tests bewahrte ihn davor, noch blamabler als ohnehin unter die erwartbare Falsch-Positiv-Quote zu sinken. Dann stand der Herbst bevor, womit die „Überlastung des Gesundheitssystems“, die schon bei der „ersten Welle“ an allen verfügbaren Schamhaaren herbeigezogen war, diesmal aber ganz gewiss über Deutschland hereinbrechen würde. Während es um die Volksgesundheit jedoch weiterhin bestens stand, verhinderte eine Serie weiterer Lockdowns – „leichte“ und „harte“, „Wellenbrecher“ und „Notbremsen“ - nicht im mindesten, dass die Inzidenz vorübergehend wieder anstieg, nicht anders als an Orten der Freiheit, von Schweden bis zu US-Bundesstaaten wie South Dakota, Florida und Texas. Um die Lage zu dramatisieren, begann Ende 2020 der Mutantengrusel – so als hätte das Wuhan-Virus nicht vorher schon Tausende von Nachfolgern hervorgebracht, ehe es selbst von der Bildfläche verschwand.


Zunächst musste die britische Variante überstanden werden, dann das indische „Delta“. Zwar erwiesen sich beide als ebenso hochinfektiös wie relativ harmlos. (7) Doch wer weiß, welche schrecklichen Mutanten als nächstes über uns hereinbrechen? Erst eine Impfung, sie allein, kann die Bevölkerung davor bewahren, ihnen „schutzlos ausgeliefert“ zu sein. Sobald aber jedermann „ein Impfangebot gemacht“ worden ist, sei es an der Zeit, staatliche Hygienediktate zu beenden, hieß es. Ach nein, zunächst müssen mindestens vier Fünftel aller Deutschen das „Angebot“ angenommen haben. Und da zu viele zögern, galt es Daumenschrauben zu konstruieren und wirken zu lassen, die auch den covidiotischsten Impfmuffel dazu nötigen sollten, sich „freiwillig“ spritzen zu lassen.


Und so hält eine panikvirusinfizierte Republik wie von Sinnen an einem mittels unzuverlässigen Tests, haarsträubenden Neudefinitionen und Statistiktricks herbeigezauberten Ausnahmezustand fest. In Wahrheit hat ihm noch nie eine Notlage entsprochen, die zu Alarmismus berechtigt hätte. Schon gar nicht besteht sie anderthalb Jahre nach P(l)andemiebeginn. Losgelöst von klinischen Fakten, erschöpft sie sich mittlerweile in der Differenz zwischen angestrebter und erreichter Rekrutierung von Versuchskaninchen für biotechnologische Massenexperimente der Pharmaindustrie. Um diesen Skandal zu beenden, kann ein „Freedom Day“ gar nicht früh genug kommen.


Shitstorm statt besonnen abwägender Diskussion


Trotzdem brach prompt ein Sturm der Entrüstung über die beiden mutigen Ärztefunktionäre herein. „Wenig durchdacht“ sei ihre Initiative (RND/Redaktionsnetzwerk Deutschland), sie „kommt zu früh“ (Süddeutsche) und „geht zu Lasten der Schwächsten“ (Aachener Zeitung). „Unseriös“ nannte sie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Bärbel Bas; „noch zu leichtsinnig“ erschien sie Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD).


Für „ethisch nicht vertretbar“ befand ihren Vorschlag der chronisch sorgenfaltige Karl Lauterbach (SPD), von dem anderthalb Jahre nach Pandemiebeginn weiterhin nur Eingeweihte ahnen, wie er zu seinem papstähnlichen Expertenstatus gekommen ist. Erstaunlicherweise hat Lauterbachs Ethik andererseits reichlich Platz für zerstörerische Lockdowns, unvalidierte Zwangstests, unverhältnismäßige Freiheitsberaubung, Rufmord an Maßnahmenkritikern und ein Massenexperiment mit neuartigen, unerprobten Pseudo-Vakzinen, das uns in zweibeinige GMOs verwandelt, genetisch modifizierte Organismen.


Als „zynisch“ verurteilte den Vorstoß ein weiterer Pseudo-Fachmann, der offizielle Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Das schwer zu unterbietende Niveau seines Sachverstands hatte er zuvor bereits mit der Behauptung unter Beweis gestellt, die einzige Alternative zur Covid-Impfung bestünde darin, „ohne jede Form von Immunität“ dazustehen. Dass ein derart peinlicher Stussredner, Sohn einer Hausärztin, Humanmedizin studiert hat und langjährig als Fach- und Oberarzt tätig war, führt vor Augen, wie viel in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung im Argen liegt.


Begründungsnotstand statt epidemischer Notlage


Ist die Not in Deutschland denn besonders groß? Zögert die Bundesrepublik zurecht, weil die Coronakrise sie viel schlimmer erwischt hat als Europas „Freedom“-Fraktion? Welche zwingenden Argumente sprechen dagegen, auch die Bundesdeutschen endlich vom Joch der Hygienediktatur zu erlösen? Ich fand zehn Ausflüchte. Weitere Funde geben KLARTEXT-Leser bitte hier ab.


„Die Inzidenzen sind bei uns noch zu hoch.“ Quatsch. In Großbritannien liegen sie deutlich höher. Davon, wie auch von Horrorprognosen explodierender Fallzahlen, ließ sich Premier Boris Johnson verblüffenderweise aber nicht länger beirren, anders als noch bis vor wenigen Monaten. Dass Lockdown-Fetischisten erwartungsgemäß einen Shitstorm über ihn hereinbrechen lassen würden, nahm er diesmal ziemlich gelassen in Kauf. Offenbar dämmerte ihm, besser spät als nie: Selbst wenn alle 54 Millionen Engländer zu 100 % testpositiv wären, könnten sie sich bester Gesundheit erfreuen, weil der Umstand, Billionen Mikroben als Wirt zu dienen, mit Symptomfreiheit vollauf vereinbar ist.



„Eine Überlastung des Gesundheitswesens kann weiterhin nicht ausgeschlossen werden.“ Das konnten Coronoiker noch nie – trotzdem trat sie nicht einmal ansatzweise ein, schon gar nicht schlimmer als in manch früherem Grippewinter. Solche Befürchtungen hätten eher die Engländer hegen müssen, angesichts ihres maroden Krankenhauswesens, in dem nicht Zweibett-Zimmer, sondern immer noch Schlafsäle die Regel sind, mit Vorhängen um die Betten. Im Vergleich dazu sind deutsche Kliniken weitaus besser gewappnet. Mit rund 600 Akutbetten auf 100.000 Einwohner ist die Bundesrepublik europaweit Spitze; Dänemark bringt es auf etwa 270, das Vereinigte Königreich auf 210. Noch imposanter ist der Vorsprung bei den Intensivbetten: Pro 100.000 Einwohner stehen in Deutschland 38,2 bereit, in England hingegen nur 10,5 – deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 13,1 -, in Dänemark 7,8, in Schweden gar nur 5,8. (8)





Zum Vergleich: Deutsche Krankenhäuser hatten am 24. September 2021 pro 1 Million Einwohner gerade mal 15,8 Patienten stationär aufgenommen, „mit oder wegen“ SARS-CoV-2. Seit die Anzahl der hospitalisierten „Covid-19-Fälle“ in der dritten Aprilwoche mit knapp 8000 einen Frühjahrshöchstand erreichte, ist die Fallkurve steil abgestürzt – auf rund 350 im Juni und Juli. Seit August steigt sie zwar – bis Ende September auf über 515 -, jedoch weit entfernt von früheren Rekordwerten. Die nachfolgende Grafik findet sich im „Wöchentlichen Covid-19-Lagebericht“ des RKI vom 23. September, dort S. 10. Sieht so eine krisenhafte Zuspitzung aus?



Geht die Bundesregierung tatsächlich immer noch davon aus, „dass das Gesundheitssystem in absehbarer Zeit überlastet wird?“ Danach erkundigte sich Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) in einer schriftlichen Anfrage. Dies könne „nicht in jedem denkbaren Szenario ausgeschlossen“ werden, so beschied ihm Gesundheits-Staatsministerin Sabine Weiss Mitte August. (9)


Kubicki macht das fassungslos: „Damit verlässt die Bundesregierung den Rahmen, den sie selbst für die Feststellung und Fortgeltung der epidemischen Lage nationaler Tragweite in das Infektionsschutzgesetz hat schreiben lassen, denn hierfür muss ,eine ernsthafte Gefahr‘ für die öffentliche Gesundheit vorliegen. Die ,denkbare Gefahr‘ reicht nicht aus.“ Sind Verfassungsrichter, die nicht spätestens hier einschreiten, kein Fall für den Verfassungsschutz? Für die „Delegitimierung des Rechtsstaats“, die Querdenkern vorgeworfen wird, sorgt Karlsruhe inzwischen erheblich effektiver.


Schon jetzt arbeitet das Pflegepersonal „am Limit“, so beklagt die Präsidentin des Berufsverbandes der Pflegeberufe (DBfK), weshalb sie den Vorstoß der Kassenarztchefs „verantwortungslos“ findet. Hat sie vergessen, dass im Pflegebereich schon vor Corona Personalmangel herrschte? Selbst in der Krise wurden noch Stellen abgebaut statt aufgestockt.


Ähnlich absurd argumentiert der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. „Beim Blick in die Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegeheime“ erweisen sich „Freedom Day“-Plädoyers als „flotte Sprüche“, findet er. Wie oft, wie gründlich hat Brysch denn selbst einen solchen „Blick“ dorthin geworfen? Wo hat sich ihm dabei das Tor zur „Corona-Hölle“ aufgetan? Jeden personellen, technischen oder finanziellen Engpass, den sein Adlerauge erspäht haben mag, hat nicht etwa ein böser Killerkeim herbeigeführt, sondern eine grotesk verfehlte Gesundheitspolitik.


„Weiterhin grassiert die besonders gefährliche Delta-Variante.“ Das tut sie doch schon seit Frühjahr 2021: Während sie im Februar erst in 2 % aller Testproben auftauchte, war es im April schon jede zweite; ab Sommer lag ihr Anteil bei 90 bis 98 %. Verschärfte Einreisebedingungen und Grenzkontrollen, um Delta-Einträge zu verhindern, sind daher mindestens so lächerlich, wie Sandsäcke vor Türen und Fenster von Häusern zu türmen, die schon bis zum Dach unter Wasser sind.


Allem Mutantengrusel zum Trotz sorgte das indische Delta B.1.617.2 keineswegs für auffallend mehr Schwerkranke und Tote – ebensowenig wie zuvor das britische Alpha B.1.1.7, das südafrikanische Beta B.1.351. Jede neue virale Sau, die mit mächtig Bohei durchs mediale Dorf getrieben wurde, kam eher zahnloser daher als ihre Vorgänger.




„Wir stehen kurz vor einer möglichen vierten Welle“, erklärte eine Woche vor der Bundestagswahl der Noch-Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, Erwin Rüddel (CDU). Die Gefahr wachse, zumal nun kältere Jahreszeiten anbrechen, in denen sich Menschen verstärkt in Innenräumen aufhalten. Dadurch nimmt zwangsläufig das Ansteckungsrisiko zu.


Schlimmer noch, Herr Rüddel: Es droht eine „Dauerwelle“, wie der gelegentlich besonnene Virologe Hendrik Streeck zu bedenken gibt, ein häufig sympathisch unaufgeregter Anti-Drosten. Warum sollte sich SARS-CoV-2 anders verhalten als sonstige Coronaviren, die in jedem Winter zu 10 bis 15 % der Grippefälle beitragen? Und grüßt als epidemiologisches Murmeltier nicht alljährlich auch die Influenza stets aufs Neue, mit rekombiniertem Genom?


„Womöglich stehen uns weitere Varianten bevor, die ebenfalls Anlass zur Besorgnis geben.“ So wird es kommen, mit Sicherheit. Denn Variantenreichtum gehört zum Wesen aller Viren. Daraus hollywoodeske Horrorszenarien zu konstruieren, macht Infektionsschutz zu einer never-ending story. Wer will das, abgesehen von Big Pharma, Biofaschisten, Pekings Kommunisten und sonstigen Pandemieprofiteuren?


«Wenn keine neue Virusvariante auftaucht, gegen die eine Impfung nicht schützt, was sehr unwahrscheinlich ist, dann haben wir die Pandemie im Frühjahr 2022 überwunden und können zur Normalität zurückkehren», sagte Spahn der Augsburger Allgemeinen. Damit zerstört der gelernte Bankkaufmann in Wahrheit die Hoffnung, dass die Hygienediktatur jemals endet: Schon jetzt ist klar, dass der Covid-Impfschutz, soweit er überhaupt existiert, schon nach wenigen Wochen nachlässt. Natürlich werden stetig neue Varianten auftauchen, wie auch bei Influenza. Ohne Booster, „Auffrischungen“, ist das Vakzinieren alsbald für die Katz. Warum sonst wird alljährlich aufs Neue zur Grippeimpfung geblasen?


Wenn Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) eine „seriöse Garantie“ vermisst, "dass wir die Situation dauerhaft im Griff haben", muss sie darauf wohl länger warten, als ihr biologisches Haltbarkeitsdatum hergibt. Sollen wir den Rest unseres Lebens damit zubringen, heulend und zähneklappernd erst noch die Schrecken der 1001. Omega-hoch-Zehn-Variante abzuwarten, ehe wir zu „lockern“ wagen? Wenn nicht jetzt, dann nie. Besser, wir vertrauen einer bewährten evolutionsbiologischen Gesetzmäßigkeit: Viren wollen sich vermehren. Dazu müssen sie ansteckend sein – aber nicht ihren Wirt umbringen, denn dies wäre ihr eigenes Ende. Tendenziell werden Viren deshalb immer infektiöser, zugleich aber immer weniger pathogen und tödlich.


"Die Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung – gerade auch bei Kindern – sind noch nicht bekannt“, gab der Bundesgeschäftsführer des Kinderschutzbundes, Daniel Grein, zu bedenken. Deshalb sei es „zynisch, die Kinder jetzt diesem Risiko unkontrolliert aussetzen zu wollen“. Sie dem Risiko von Isolation, Maskierung, Distanzierung und unerprobten Impfstoffen auszusetzen, scheint Grein hingegen keine Kopfschmerzen zu bereiten. Sprächen „noch nicht bekannte Langzeitfolgen“ nicht eher dagegen, übereilt die unerprobten neuartigen Vakzine einzusetzen – bei jeder Altersgruppe, ganz besonders aber bei Kindern, die SARS-CoV-2 am allerwenigsten gefährdet?


Es werde Zeit, dass Bedürfnisse und Rechte von Kindern stärker in den Fokus gerückt und nicht auf ihrem Rücken die vermeintlich wiedergewonnene Freiheit Erwachsener gefeiert würde, so Grein. Erfordern es Bedürfnisse und Rechte von Kindern nicht vielmehr, sie eine wiedergewonnene Freiheit mitfeiern zu lassen?


„Die meisten niedergelassenen Ärzte widersprechen Lockerungswilligen“ – was lediglich beweist, dass die umfassende mediale Desinformation auch den ärztlichen Blick auf die tatsächliche Gefahrenlage trübt.


„Die Impfquote ist noch zu niedrig.“ Ehe Deutschland „geöffnet“ werden könne, müsse eine „Gemeinschaftsimmunität“ hergestellt sein, erklärt Kanzleramtschef Helge Braun. Die liege „oberhalb von 80 %“ – und kann angeblich nur herbeigespritzt werden. Mindestens 85 % der Bevölkerung müssen geimpft sein, so fordert Karl Lauterbach; bis dahin müsse 2G gelten. Unter den über 60-jährigen bräuchte es sogar eine Impfquote von deutlich über 90 %, tönt es aus dem Medizin-Megaphon der Grünen, Janosch Dahmen.


Eine 85%-ige Durchimpfung aller Deutschen ist aber völlig unrealistisch. Zu den 83 Millionen Einwohnern zählen neun Millionen Kinder unter 12 Jahren – 11 % der Bevölkerung. Für sie ist noch kein gängiges Covid-Vakzin zugelassen, und dabei bleibt es hoffentlich. Hinzu kommen 10 bis 15 % Verweigerer, bei denen jede „Überzeugungsarbeit“ von vornherein für die Katz ist, selbst wenn sie Impfungen nicht pauschal ablehnen; um ihnen eine Spritze in den Arm zu stecken, wäre rohe Gewalt erforderlich. Nicht zu vergessen mehrere Millionen, die sich aus gesundheitlichen Gründen, etwa wegen Allergien, nicht impfen lassen können. Hinzu kommen Kontraindikationen je nach Impfstoff, etwa bei erhöhtem Thromboserisiko oder bei Ödemen.


Zählt man die Bevölkerungsanteile dieser drei Gruppen zusammen, wird sofort klar: Impfquoten, wie sie das politische Berlin anstrebt, sind illusorisch.


Oder ist der Zielwert womöglich schon erreicht? Ende September führte die offizielle Statistik des Robert-Koch-Instituts 67,6 % einfach Geimpfte auf, 63,7 % waren demnach vollständig geimpft. (10) Diese Zahlen ergeben sich aus dem sogenannten Digitalen Impfquotenmonitoring (DIM), in das Meldungen von Impfzentren, Krankenhäusern, mobilen Impfteams, von Betriebsmedizinern, niedergelassenen und Privatärzte einfließen. Daneben führt das RKI aber eine weitere Erhebung namens COVIMO durch; es errechnet Impfquoten anhand von Telefonbefragungen. Das jüngste COVIMO, von Ende Juni bis Mitte Juli, erfasste 1005 Erwachsene. Schon damals fiel der Anteil der Geimpften „um einiges höher“ aus, wie das RKI einräumen musste. Besonders ausgeprägt war eine „gewisse Diskrepanz“ in der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen: Während in der Befragung 79 % angaben, geimpft zu sein, waren es laut DIM damals bloß 59 Prozent.


Ein ähnliches Bild ergab Mitte August eine Erhebung von Infratest dimap in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: Bei den 18- bis 59-jährigen lag die Erst-Impfquote um 16 % höher, als das RKI angibt, nämlich schon bei 75 %. Das sind rund fünf Millionen Menschen mehr als amtlich registriert.


Knapp weniger, nämlich 72 % Erstgeimpfte, ergab eine weitere Repräsentativumfrage, die das Hamburger Marktforschungsunternehmen am 12. und 13. August unter 3000 Deutschen durchführte.


Eine „Untererfassung“ im Meldesystem sei durchaus möglich, von daher hafte ihm „eine gewisse Unsicherheit“ an, so wiegelte das RKI ab (11) – womit es den Datenschwindel bestätigte.


Und so stehen die Zahlen, die Regierungsvertreter, „Experten“ und Medien streuen, im dringenden Verdacht, mutwillig zu niedrig angesetzt zu sein – vielleicht, um Alibis zu produzieren, den vermeintlichen Notstand zu verlängern. Schon heute hat Deutschland die 80 %-Marke vemutlich geknackt.


Aber selbst ein niedrigerer Wert wäre kein Grund, Deutschlands Befreiung auf den Sanktnimmerleinstag zu verschieben. Briten (71 %) und Dänen (77 %), Schweden (70 %) und Norweger (75 %) sind keineswegs weitaus imposanter durchgeimpft als Deutschland (67 %) – trotzdem sehen sie sich imstande, freiheitlich-demokratische Grundrechte wiederherzustellen. In Großbritannien lag die Quote der mindestens einfach Geimpften am 19. Juli, dem „Freedom Day“, bei 68 % - einen einzigen Prozentpunkt über Deutschlands gegenwärtigem Wert. (12) Warum können fortgeschrittene Impfkampagnen jenseits von Ostsee und Ärmelkanal Hygieneterror beenden, ohne dass dort eine Apokalypse lauterbachschen Ausmaßes anbricht, während uns jeder Pieks der Erlösung weiterhin bloß nanometerweise der Erlösung näherbringt?



Im übrigen: Wie kann verantwortungsvolle Gesundheitspolitik pauschale Impfziele anstreben, unabhängig davon, welche Gefahrenlage besteht, im allgemeinen und für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, für unterschiedliche Individuen in jeweils besonderem Gesundheitszustand? Ob 3G, 2G oder 1G: Die Impferei ist zum Selbstzweck geworden, ihre Durchsetzung per Notstandsverordnungen ein Verfassungsskandal ohnegleichen. Inzwischen gilt es auf Teufel komm raus Quote zu machen, obwohl immer fraglicher wird, wozu eigentlich noch. Sollten sich im Idealfall 100 % einer stets riskanten Impfung zuführen lassen, wenn 95 % aller Infizierten gar keine oder bloß erkältungsähnliche Symptome davontragen und 99,87 % überleben, ja sogar 99,9 %, falls sie unter 60 sind, und 99,99 %, falls sie noch nicht das Erwachsenenalter erreicht haben? Je jünger die Geimpften, desto eher leiden und sterben sie an der Spritze als an Covid.


Und wozu sollten sich jene 10 %, vielleicht sogar 20 bis 30 % der Bevölkerung impfen lassen, die dank einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion oder früheren Kontakten mit verwandten Coronaviren bereits eine natürliche Immunität erworben haben, die bei weitem besser schützt als jede Spritze? Wieso klammert die Impfkampagne sie nicht von vornherein aus?


Warum geschieht stattdessen nicht endlich, was übelst verleumdete Fachleute wie Wolfgang Wodarg, Sucharit Bhakdi und Stefan Hockertz von Anfang an forderten: die Risikogruppen schützen, den Rest in Ruhe lassen, Panikmacher isolieren? Und warum unterdrückten Behörden von Anfang an vielversprechende Alternativen zur Impferei – von Ivermectin und HCQ über Vitamin D plus Zink bis zu vernebeltem Wasserstoffperoxid, antiviralen Mund-/Nasenspülungen und hochwertigen Luftfiltern -, statt ihnen eine echte Chance zu geben? Selbst das berüchtigte Schreckgespenst „Long-Covid“ ließe sich spritzenfrei bannen, präventiv und therapeutisch.


Auf dem Gipfel der Scheinheiligkeit


„Die Bevölkerung lehnt Lockerungen ab.“ In der Tat, das tut sie weiterhin, mit klarer Mehrheit. "Sollten in Deutschland jetzt alle Beschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aufgehoben werden?", fragte das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. 61 % lehnen dies ab: 33 Prozent „kategorisch“, 28 % antworteten mit "eher". Nicht einmal jeder Fünfte ist „entschieden“ für eine Aufhebung, weitere 14 % tendieren dazu.


Politiker und Medien, die mit solchem Zahlenwerk Corona-Auflagen rechtfertigen, haben den Gipfel der Scheinheiligkeit erklommen. Ihre unverhältnismäßige Panikmache rund um die Uhr ist es, die eine grotesk verzerrte Risikowahrnehmung überhaupt erst erzeugt hat; aus dieser wiederum erwuchs ein daraus erwachsenes übersteigertes Schutzbedürfnis.


Ob sich der gebotene Schutz überhaupt dazu eignet, das Bedürfnis zu befriedigen, hinterfragen anscheinend bloß „Covidioten“. Regierungen tun es offenbar nicht – auch im 20. Pandemiemonat sind sie nicht bloß „auf Sicht“ unterwegs, sondern im Blindflug. „BT 19/31348“ steht für ein entlarvendes Dokument völliger Ahnungslosigkeit, das Anfang Juli 2021 auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hin entstand. Sie wagte es, sich zu erkundigen: „Für welche der seit Beginn der Corona-Pandemie umgesetzten Schutzmaßnahmen liegen wissenschaftliche Erkenntnisse über [ihre] Wirksamkeit vor?« Und »was unternimmt die Bundesregierung, um die Wirksamkeit der einzelnen Schutzmaßnahmen zu evaluieren?«


Null Ahnung von nix


Die siebenseitige Auskunft der Großen Koalition macht fassungslos. Auf den Punkt gebracht: „Wir haben null Ahnung von nix.“ Treffend kommentierte Bild am 29. Juli: „»Was haben die teils einschneidenden Grundrechtseingriffe und Anti-Corona-Maßnahmen wie Lockdown, Sicherheitsabstände und Masken eigentlich konkret gebracht?« Und welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen darüber vor? – Keine, denn »die Bundesregierung weiß es selbst nicht! (…) Statt mit Fakten antwortete das Gesundheitsministerium mit verschachtelten Endlos-Sätzen.“


Hier eine Kostprobe: »Aufgrund des ›kontextspezifischen‹ Zusammenspiels einer ›sehr großen Anzahl an Variablen‹ sei es nicht möglich, ›die Auswirkung einzelner Maßnahmen auf einen Indikator (z.B. Inzidenz) belastbar und generalisierbar zu quantifizieren und zwischen Ländern zu vergleichen‹.« Um das eigene Unwissen zu erklären, verweist das Papier aus Spahns Ministerium auf »multifaktorielle Zusammenhänge«, die auch »eine mögliche Erklärung für die Variationen in der Effektivität einzelner Maßnahmen zwischen unterschiedlichen Regionen oder Ländern« sein könnten. Trotz der fehlenden Daten und wissenschaftlichen Erkenntnisse heißt es optimistisch weiter, dass die »Evidenz« klar zeige, »dass es immer die Umsetzung mehrerer gleichzeitiger Maßnahmen« sei, »die den Pandemieverlauf beeinträchtige«. Denn die »Summe der Schutzmaßnahmen« würde den Rückgang der Infektionen »herbeiführen«.


Solches Geschwurbel löst bei dem Journalisten Gregor Amelung (Pseudonym eines gelegentlichen Mitarbeiters bei reitschuster.de) Ironiereflexe aus: „Da kann man nur hoffen, dass die Autoren des Papiers niemals im Bereich von Kochrezepten tätig werden, denn dann würde es dort wohl zur Lasagne heißen, die ‚multifaktoriellen Zusammenhänge‘ beim Zubereiten von Sauce und Teigmasse sind eine »mögliche Erklärung für die Variationen« im Geschmack.“


Die Mühsal gewissenhafter Maßnahmenforschung kann sich das Hygieneregime allerdings ersparen, sofern es einer fremden Agenda folgt. Wozu braucht eine Regierung Evidenzen dafür, dass Abriegelungen, Masken, Testzwänge, Reise- und Versammlungsverbote, Schul- und Betriebsschließungen vor Infektionen schützen, solange bloß eines feststeht: dass der Druck, den solche Schikanen aufbauen, das Durchpieksen der Bevölkerung erleichtert? Warum braucht Berlin zu wissen, wozu all das sein muss, wo sie doch bei Big Pharma, der Gates-Foundation und deren WHO-Marionette jederzeit nachfragen kann? Um es mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu sagen: „Thank you, Bill, for leadership!“


Muss man „querdenken“, um zu begreifen, wie erbärmlich unbegründet das Nein zu einem deutschen „Freedom Day“ daherkommt? Selbstdenken genügt vollauf. Wem das noch schwerfällt, der bucht am besten schleunigst einen Bildungsurlaub in Schweden, England, Dänemark oder Norwegen. Überall dort ist das Wetter zwar in der Regel kühler, regnerischer und windiger als hierzulande. In einem nichtmeteorologischen Sinne, auf den es Nostalgikern wie mir viel mehr ankommt, empfängt einen dort aber eine Wärme, die man im schockgefrosteten sozialen Klima von Merkelland schmerzlich vermisst. Also nichts wie hin.

Anmerkungen

(4) Siehe KLARTEXT: „Im Dritten Weltkrieg“ und „Mit Kanonen auf Spatzen“.

(6) https://www.focus.de/gesundheit/news/news-zur-corona-pandemie-laeuft-ende-september-aus-spahn-will-pandemie-notlage-nicht-verlaengern_id_13561683.html?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=newsletter_GESUNDHEIT; https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/2385528/bericht-jens-spahn-will-pandemie-notlage-nicht-verlaengern; https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-coronavirus-donnerstag-237.html; https://www.nw.de/nachrichten/politik/23064846_Minister-Spahn-gegen-Verlaengerung-der-Pandemie-Notlage.html; https://www.n-tv.de/ticker/Spahn-will-Pandemie-Notlage-nicht-verlaengern-article22725427.html; https://www.spiegel.de/politik/deutschland/jens-spahn-denkt-ueber-ende-der-epidemischen-notlage-nach-a-ab1ffd09-4a43-4520-aa70-a390f1dbea46; https://www.sat1.de/tv/fruehstuecksfernsehen/video/uneinigkeit-in-der-politik-spahn-gegen-verlaengerung-der-pandemie-notlage-clip

(7) M. Weigert u.a.: „Assoziation zwischen Hospitalisierung und Meldeinzidenzen: Analysen zu Daten aus Großbritannien und Deutschland. CODAG-Bericht 19. https://www.covid19.statistik.uni-muenchen.de/pdfs/codag_bericht_19.pdf oder via Kurzlink: https://tinyurl.com/yvr8p5h8

(8) Christine Arentz/Frank Wild: Vergleich europäischer Gesundheitssysteme in der Covid-19-Pandemie, Wissenschaftliches Institut der PKV, Köln: Juli 2020, S. 3-4, http://www.wip-pkv.de/fileadmin/user_upload/WIP_Analyse_3_2020_Vergleich__Gesundheitssysteme__Covid19.pdf . Siehe auch Eurostat: Statistiken zur Gesundheitsversorgung, https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Archive:Healthcare_provision_statistics/de&direction=next&oldid=369944

Titelmotiv: Tumisu/Pixabay

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