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  • Dr. Harald Wiesendanger

36 feiernde Polizisten verletzen Corona-Regeln. Na und?

Aktualisiert: 1. Mai 2021



Mainzer Polizisten bekommen zu spüren, was ihre Kollegen bei unsereinem vollstrecken: den Irrwitz eines Hygienestaats, der keinen Notstand mehr braucht, um Seuchenschutz zu treiben, auf Teufel komm raus.


Montag, 18. Mai: Anlässlich von Beförderungen feiern 36 Polizisten in einer Mainzer Altstadtkneipe feucht-fröhlich Party. Keiner trägt Maske, keiner hält Sicherheitsabstand. Obendrein ignorieren sie kaltblütig die „Corona-Sperrstunde“ von 22 Uhr. Vier wachsame Anwohner alarmieren daraufhin: die Polizei. Diese löst die vergnügte Runde kurz vor Mitternacht auf.


Prompt wurde daraus ein Skandal, der bundesweit Wellen schlug. Bis in TV-Nachrichtensendungen schaffte er es. Landauf, landab druckte die Tagespresse einen alarmistischen Text der Deutschen Presse-Agentur ab. Selbst „Zeit“ und „Spiegel“, die „Welt“, „Süddeutsche“ und „Frankfurter Allgemeine“ berichteten. Worüber? Alle, wirklich alle beschränkten sich darauf, drei Feststellungen zu treffen: Die Beamten verstießen gegen geltende Hygieneauflagen. Zuständige Behörden ermitteln. Bußgelder drohen.


KEINE EINZIGE Redaktion hielt es für nötig, seither die naheliegendste Frage zu stellen: Was ist da eigentlich Schlimmes passiert? Wurde jemand ernstlich krank, der mitfeierte? Oder jemand, der mit einem Partygast hinterher Kontakt hatte? Starb deswegen irgendwer?


Es gehört zu den Merkwürdigkeiten dieser Pandemie, dass niemanden mehr zu interessieren scheint, was sie tatsächlich anrichtet.


Zumindest mich interessierte es. Und deshalb fragte ich am 24. und 25. August nach: beim Polizeipräsidium Mainz, bei der ermittelnden Bußgeldbehörde im Rechts- und Ordnungsamt der Kreisverwaltung Mainz-Bingen, beim Amt für Veterinär- und Gesundheitswesen. Hat sich die verantwortungslose Kneipenfete mittlerweile, über ein Vierteljahr später, denn verheerend auf die Gesundheit der Mainzer Bevölkerung ausgewirkt? Müsste das schändliche Event nicht an zahlreichen schweren Erkrankungen schuld sein, an überfüllten Intensivstationen in Mainzer Krankenhäusern, an Platznot auf Mainzer Friedhöfen?


Folgendes kam zum Vorschein:


Wurden alle beteiligten Polizisten auf SARS-CoV-2 getestet? Wenn ja, wie viele positiv? Verblüffenderweise nein.


Wie viele erkrankten? Kein einziger.


Wie viele mussten intensivmedizinisch versorgt werden? Folglich niemand.


Wie viele liegen Covid-19-bedingt im Sterben oder sind bereits tot? Keiner.


Wurden Infektionsketten nachverfolgt? Nein.


Wie viele Kontaktpersonen der feiernden Polizisten erkrankten oder verstarben gar? Davon ist nichts bekannt.


Hätte sich nicht umgehend das Mainzer Gesundheitsamt einschalten müssen, wegen des offenkundigen „Hotspot“-Risikos? „Da es bei keinem der Beteiligten irgendwelche Anzeichen einer Erkrankung oder Hinweise auf mögliche Infektionen gab, gab es für das Gesundheitsamt keinen Grund, aktiv zu werden“, so teilte mir der Pressesprecher des Landkreises Mainz-Bingen mit.


Müsste sich die skandalöse Polizistenparty nicht in amtlichen Gesundheitsstatistiken niedergeschlagen haben – mit einem signifikanten Anstieg von covid-19-bedingten Einlieferungen ins Krankenhaus, von Verlegungen auf die Intensivstation, von Todesfällen? Keine Spur davon, nicht die geringste. (Anm. 1, s. beiliegende Tabelle) Der letzte Mainzer, der mit positivem SARS-CoV-2-Test verstarb, wurde VOR ZWEI MONATEN aktenkundig, am 8. Juli – seither wissen die Behörden von NIEMANDEM unter den rund 220.000 Einwohnern der Landeshauptstadt, der dem „Killerkeim“ noch zum Opfer fiel. KEINER. NULL. Und der vorletzte Fall? Festgestellt am 21. Mai.


Wie sieht es im gesamten Landkreis Mainz-Bingen aus? Da fiel der letzte „Corona-Tote“ am 23. Mai auf – VOR DREIEINHALB MONATEN.


Was ist also aus den vorliegenden Daten zu schließen? Dass am 18. Mai in einer Kneipe etwas ganz und gar Schreckliches, Brandgefährliches, Unverantwortliches, Folgenschweres passierte – darüber waren sich Politik und Medien irritierend rasch einig. Weil das eh schon für sie feststand, prüfte niemand nach. DAS ist schrecklich, brandgefährlich, unverantwortlich, folgenschwer: für die geistige Hygiene im Land, für das Vertrauen in Institutionen, für die Bewältigung der Krise, für die Verteidigung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wenn sich ein ganzes Land wie von Sinnen einer Virusangst hingibt, deren empirische Grundlage ihm schnurz ist, dann driftet es in kollektive Paranoia ab.


Wäre ich einer der bedauernswerten Mainzer Partypolizisten: Ich würde mich gegen die Corona-Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz juristisch zur Wehr setzen.


Wäre ich einer jener Berliner Polizisten, die am 1. und 29. August gegen Hunderttausende von friedlichen Demonstranten vorgingen: Ich würde mich bei meinen Mainzer Kollegen schlau machen, ob stundenlange Verstöße gegen das AHA-Diktat denn irgendetwas anrichten, was den Beteiligten, ihren Kontaktpersonen, der Volksgesundheit insgesamt erwiesenen Schaden zufügt. Wo bleiben die Beweise?


Darüber hinaus würde ich als Polizist darüber nachdenken, was mein Amtseid auf das Grundgesetz bedeutet: Muss ich ihn im offenkundigen Konfliktfall nicht über meine Gehorsamspflicht gegenüber meinem Dienstherrn stellen? Muss ich mich Anordnungen nicht widersetzen, wenn sie unverhältnismäßig, ohne Not, elementare Freiheitsrechte verfassungswidrig einschränken? Ja, auch für Polizisten gilt Artikel 20 Absatz 4 GG. Gesundheitsschutz zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Staates; von Infektionsschutz hingegen steht nichts im Grundgesetz.

Harald Wiesendanger


Anmerkung

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