Zombies in uns
- Dr. Harald Wiesendanger

- 3. Aug.
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Aug.
In unserem Körper geistern Billionen von Zombies - Zellen, die sich nicht mehr teilen, aber auch nicht richtig absterben. Diese biologisch Untoten bedrohen unsere Gesundheit massiv. Wie entstehen sie? Was richten sie an? Wie werden wir sie los?

Wie man Zombies den Garaus macht, führen uns Hollywoods Gänsehautmacher vor Augen: Zerstöre das Gehirn – egal ob mit Kopfschuss, Axt, Machete, Ziegelstein oder Vorschlaghammer! Kopf ab! Verbrenne sie!
Aber kein Horrorfilm, kein Videospiel, kein Comic zeigt uns, wie wir die unzähligen Untoten in uns loswerden: Zellen, die sich nicht mehr teilen, aber auch nicht richtig absterben - daher der Spitzname „Zombie-Zellen“. Biologen nennen sie „seneszent“, abgeleitet vom lateinischen Wort „senescere“ – altern. Zwar ist eine seneszente Zelle noch lebendig, erfüllt ihre eigentlichen Aufgaben aber nur noch eingeschränkt. Sie wurde gleichsam dauerhaft in den Ruhestand geschickt, ist aber noch aktiv – wie ein Büroangestellter, der nicht mehr arbeitet, aber trotzdem täglich ins Büro kommt, weiterhin Platz und Ressourcen in Anspruch nimmt und nutzlos rumhängt. Ununterbrochen quatscht er dazwischen, heischt ständig nach Aufmerksamkeit und geht damit allen anderen auf die Nerven. So eine Rentnerzelle gleicht einem kaputten Smartphone im Dauerbetrieb: Es lässt sich nicht mehr neu starten, aber es bleibt an – und sendet dauernd Fehlermeldungen.
Seneszente Zellen sind nicht bloß faul – sie vergiften ihr Umfeld. Weiterhin stoffwechselaktiv, geben sie eine Vielzahl von schädlichen Botenstoffen ab – darunter entzündungsfördernde Zytokine, wachstumsfördernde Faktoren und Enzyme, die umliegendes Gewebe schädigen können. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang vom SASP, dem „Senescence-Associated Secretory Phenotype“. Dieser Cocktail an Signalmolekülen kann gesunde Zellen in Mitleidenschaft ziehen, ja sogar ihrerseits seneszent machen. Das ist so, als würde ein schlecht gelaunter Rentner im Büro nicht nur keinen Finger mehr krümmen, sondern sämtliche Kollegen mit seiner schlechten Laune anstecken und zur Kündigung animieren. Unentwegt warnt er mit lautem SASP-Geschrei - auch dann, wenn längst keine Gefahr mehr besteht. Dabei blockiert er Kommunikationswege – wie jemand, der den Telefonhörer nie wieder auflegt.

So stellt sich die künstliche Intelligenz ChatGPT das Unwesen vor, das Zombiezellen im Körper treiben.
Wie viele solcher Nichtsnutze geistern in uns herum? Das hängt stark von unserem Alter und Gesundheitszustand ab. Von den 30 bis 40 Billionen Körperzellen, aus denen unsereins besteht, sind bei Jugendlichen weniger als 1 % betroffen, bei gesunden 30- bis 50-Jährigen sind es bis zu 5 %. Bei älteren Menschen, über 65, erreicht der Zombie-Anteil schon bis zu 15 %, in manchen Geweben über 20 %. In bestimmten Organen von chronisch Kranken liegt er bei bis zu 30 %. Schon ein Seneszenzanteil von einem einzigen Prozent entspräche also 300 bis 400 Milliarden Zombie-Zellen. Professorin Judith Campisi, eine Pionierin auf diesem Forschungsgebiet, spricht von einem „Müllproblem des Körpers“ – denn unserem Immunsystem gelingt es mit zunehmendem Alter immer schlechter, Zombie-Zellen zu beseitigen. Jede zehnte Körperzelle, so schätzen Gerontologen, kann im Alter seneszent sein. Und keine trägt zur Regeneration bei.
Woher kommen diese Untoten?
Letztlich rührt das Problem daher, dass das Wunderwerk unseres Körpers niemals fertig wird, sondern eine Dauerbaustelle bleibt, vom ersten bis zum letzten Atemzug. Unentwegt werden Zellen abgebaut, umgebaut, neu gebaut – allein innerhalb der einen Sekunde, die du gebraucht hast, um die Überschrift dieses Artikels zu lesen, haben sich in dir rund 50 Millionen Zellen erneuert.
Was geschieht, wenn eine Zelle unter Stress gerät, zuwenig Nährstoffe erhält, beschädigt wird, altert?
Dann laufen drei faszinierende Prozesse ab, fein aufeinander abgestimmt; in Funktion, Mechanismus und Ziel unterscheiden sie sich grundlegend. Zwischen ihnen wählt eine Zelle je nach Art und Ausmaß der Gefahr – ein ständiger Balanceakt. Ein gesundes System braucht alle drei, aber in der richtigen Dosierung. Sonst drohen Krebs, chronische Entzündungen oder vorzeitiges Altern.
Sozusagen die erste Verteidigungslinie bildet Autophagie: Nach dem Motto „Ich kämpfe weiter“ versucht die Zelle, sich selbst aufzuräumen und zu reinigen, um sich zu retten. Dazu recycelt sie eigene Bestandteile, z.B. beschädigte Zellorganellen oder falsch gefaltete Proteine. Diese schließt sie in sogenannten Autophagosomen ein und baut sie in Lysosomen ab, kleinen, von einer Membran umschlossenen „Verdauungsorganellen“.
Aber wenn die Zelle überflüssig, zu stark beschädigt oder gefährlich ist, z. B. krebsartig mutiert?
Dann bleibt die „Müllabfuhr“ untätig. Stattdessen findet Apoptose statt: Nach dem Motto „Ich gehe fürs große Ganze“ begeht die Zelle lieber Suizid, als ein Risiko für den Körper darzustellen. Ein genetisch gesteuerter Selbstzerstörungsmechanismus lässt sie schrumpfen und in kleine Vesikel zerfallen - sog. Apoptotische Körperchen -, die von Fresszellen (Phagozyten) beseitigt werden. „Die biologische Kunst des würdevollen Abtretens“ nennt der Immunologe und Zellbiologe Peter H. Krammer dieses Phänomen des programmierten Selbstmords – im Gegensatz zum unkontrollierten: Während Nekrose eher einem explodierenden Müllwagen gleicht, ist Apoptose der geordnete Rückbau eines Altbaus – Stein für Stein, ohne Schutt auf der Straße.
Eine dritte Strategie – nach dem Motto „Ich bleibe, aber halte still“ – ist Seneszenz. Auf den ersten Blick scheint sie paradox: Eine Zelle lebt weiter, kann sich aber nicht mehr teilen.
Keineswegs völlig nutzlos
Doch biologisch gesehen ist Seneszenz keineswegs ein Konstruktionsfehler, sondern eine evolutionär entwickelte Schutz- und Reparaturmaßnahme, zumindest kurzfristig. Vollständige Vernichtung kann deshalb nicht das Ziel sein – das unterscheidet die Mini-Untoten in uns von jenen Zombies, die geistlos-blutrünstig durch apokalyptische Filmlandschaften schlurfen. Seneszente Zellen haben zwar ein grottenschlechtes Image, sind aber nicht grundsätzlich böse und ausnahmslos schädlich. In mehreren Hinsichten können sie auch nützlich, ja lebenswichtig sein.
Beispielsweise bei der Wundheilung: Seneszente Zellen fördern sie, und zwar nicht dadurch, dass sie selbst sich vermehren - das können sie ja nicht mehr -, sondern indem sie benachbarte, noch teilungsfähige Zellen zur Proliferation anregen, d. h. zur Vermehrung durch Teilung, um neues Gewebe zu bilden. Wie? Bei einer Verletzung, z. B. einem Schnitt in die Haut, sterben viele Zellen ab oder erleiden Schäden. Manche schalten daraufhin in einen seneszenten Zustand um – sie hören auf, sich zu teilen, bleiben aber am Leben. Sie senden SOS-Signale aus: einen Cocktail aus Botenstoffen, besagte SASP. Diese Stoffe wirken nicht regenerativ für die seneszente Zelle selbst, sondern stimulieren umliegende gesunde Zellen. Unter anderem werden Wachstumsfaktoren wie PDGF, VEGF freigesetzt, die Reparaturen stimulieren. Zytokine wie IL-6 und IL-8 fördern Entzündungsreaktionen, um das Immunsystem zu aktivieren. Sogenannte Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) bauen beschädigtes Gewebe um. Sobald genug neue Zellen entstanden sind, senden seneszente Zellen Stoppsignale, damit das Gewebe nicht übermäßig wächst – das könnte zu Narben oder Tumoren führen. Danach verschwinden sie meist wieder – beseitigt durch bestimmte Immunzellen, die Makrophagen.
Auch zur Krebsprävention trägt das Zombie-Phänomen bei. Wenn eine Zelle durch DNA-Schäden, oxidativen Stress oder Telomerverkürzung entartungsgefährdet ist, stoppt Seneszenz ihre Zellteilung. So verhindert sie, dass die Zelle zu einem Tumorherd wird. Ohne diesen Mechanismus würden geschädigte Zellen weiter wachsen – und die Krebsrate explodieren.
Schon im Embryo entstehen seneszente Zellen – sie lenken das Wachstum umliegender Gewebe, helfen dabei, dass Finger und alle übrigen Gliedmaßen, Organe und Nerven am richtigen Ort entstehen, und sind daran beteiligt, überflüssige Zellgruppen zu entfernen. Ohne sie gäbe es keine saubere „Bauplatzordnung“ im Körper. Seneszente Zellen senden Steuerimpulse an umliegende Zellen – mittels Signalstoffen, die Stammzellen zur Differenzierung anregen, Zellteilung in Nachbarzellen aktivieren oder bremsen. Sie wirken nicht als Platzhalter, sondern als Dirigenten: Sie spielen ihre Rolle, orchestrieren den Bauplan – und verschwinden. Mit anderen Worten: Seneszenz tritt im Embryo planmäßig auf. (1)
Und auch an der Infektionsabwehr wirken seneszente Zellen mit: Sie senden Signale aus, die das Immunsystem warnen, wenn im Gewebe etwas nicht stimmt. Sie können helfen, Viren zu erkennen oder beschädigte Nachbarzellen zu markieren.
Kurzzeitig nützlich, langfristig schädlich - Wann wird Seneszenz zum Problem?
Heikel werden seneszente Zellen erst, wenn sie mit fortschreitendem Alter überhand nehmen und nicht rechtzeitig abgebaut werden – z.B. wegen eines schwächeren Immunsystems -, sondern im Gewebe bleiben. Dann wird aus dem Schutzmechanismus ein Risikofaktor. Und erst dann haben wir Grund, uns vor einer Flut von biologisch „Untoten“ zu gruseln.
Hauptauslöser der Zombie-Inflation ist der natürliche Alterungsprozess: Mit jeder Zellteilung verkürzen sich die sogenannten Telomere: schützende Kappen an den Chromosomenenden. Sind sie zu kurz, so schließt die Zelle daraus, dass ihre Zeit gekommen ist – und stellt die Teilung ein.
Auch Schäden an der DNA – verursacht etwa durch UV-Strahlung, Umweltgifte, Entzündungen oder oxidative Prozesse – können eine Zelle in die Seneszenz treiben. Infektionen oder bestimmte Medikamente wie Chemotherapeutika können diesen Zustand ebenfalls auslösen.
Dann zieht unser Organismus die Notbremse: Lieber nicht mehr teilen als entarten.
Was richten die ”Untoten” in unserem Körper an?
Zahlreiche chronische Erkrankungen stehen in Verbindung mit einem Übermaß an seneszenten Zellen. Indem sie unentwegt Botenstoffe wie Interleukin-6 und TNF-alpha absondern, fördern sie chronische Entzündungen. Somit sind sie ein Risikofaktor für Alzheimer und andere Demenzformen, für Parkinson und ALS; für Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
In Blutgefäßen begünstigen sie die Entstehung von Arteriosklerose.
Sie fördern Tumorwachstum.
In der Bauchspeicheldrüse tragen sie zur Insulinresistenz bei, somit begünstigen sie die Entwicklung von Typ-2-Diabetes.
Auch Osteoporose, Arthrose, bestimmte Krebsarten, Lungenfibrose und sogar altersbedingte Muskelschwäche stehen mit ihrer Aktivität in Verbindung.
Besonders nach Chemotherapien bleiben oft viele seneszente Zellen im Körper zurück – was langfristige Spätfolgen erklären könnte.

Wie werden wir unsere Zombies los?
Mäuse, deren seneszente Zellen Forscher regelmäßig entfernten, lebten länger, waren gesünder und zeigten weniger Alterskrankheiten, wie eine bahnbrechende Studie schon 2011 ergab. (2) Der beobachtete Zusammenhang war so deutlich, dass er geradezu einen Boom an „Senolytika“-Studien ausgelöst hat – also an Wirkstoffen, die gezielt Zombie-Zellen aus dem Körper entfernen können. „Senolytika eröffnen völlig neue Wege in der Altersmedizin“, schwärmt Dr. James Kirkland von der Mayo Clinic. (3)
Hier wittern Pharmakonzerne ein Bombengeschäft: Bis 2033 könnte der Senolytika-Markt auf 7,5 Milliarden US-Dollar wachsen, schätzen Analysten. Ein halbes Dutzend Substanzen befinden sich inzwischen in der Pipeline. Über 30 klinische Studien laufen weltweit oder sind geplant. Bereits in Humanstudien sowie off-label im Einsatz ist Dasatinib, Handelsname: Sprycel, ursprünglich ein Medikament gegen Leukämie: Es hemmt bestimmte Enzyme, sogenannte Tyrosinkinasen, die in seneszenten Zellen überaktiv sind – das macht diese verwundbar für Apoptose. Nebenwirkungen sind allerdings kaum erforscht.
Nebenwirkungsfreie Senolytika schenkt uns hingegen die Natur: Quercetin zum Beispiel, ein hochwirksamer Pflanzenstoff, der in Zwiebeln, Beeren, Kohl und besonders in Kapern vorkommt. Im Tierversuch (4), neuerdings aber auch in Humanstudien (5) machte es Dasatinib überhaupt erst effektiv. (Obendrein schützt es das Herz, verringert Entzündungen, lindert Erkältungen.)
Fisetin, ein gelbliches Flavonoid aus Erdbeeren, scheint Zellen ebenfalls zum programmierten Exitus zu bewegen – zumindest, wenn sie seneszent sind. (6)
Auch der Lebensstil beeinflusst, wie viele Zombie-Zellen sich im Körper ansammeln. Die Zombie-Flut zu bremsen, haben wir weitgehend selbst in der Hand: Wer sich regelmäßig bewegt, sich ausgewogen ernährt, ausreichend schläft und Stress vermeidet, hat bessere Karten. Fasten, insbesondere Intervallfasten, scheint die Autophagie zu fördern. Auch Kälte- und Hitzereize – etwa durch Sauna oder kalte Duschen – aktivieren Reparaturprozesse auf Zellebene. Und natürlich hilft eine Ernährung reich an sekundären Pflanzenstoffen, Zellschäden vorzubeugen. Pflanzliche Stoffe wie Curcumin (aus Kurkuma), Resveratrol (aus roten Trauben) sowie eine ballaststoffreiche Ernährung können zur natürlichen Entschärfung des SASP beitragen und Zombiezellen in Schach halten.
Warum ist eine gesunde Lebensweise sinnvoller als ein Pharmaprodukt? Prävention statt Reparatur: Besser verhindern als später räumen müssen. Gesunde Gewohnheiten verhindern, dass sich übermäßig seneszente Zellen bilden – Senolytika bekämpfen sie nachträglich.
Zudem gibt es bisher keine zugelassenen Anti-Zombie-Zellwirkstoffe. Viele befinden sich in präklinischer oder früher klinischer Phase. Nebenwirkungen, Dosierungen und Langzeiteffekte sind unklar – womöglich schädigen sie gesunde Zellen. Hindern Senolytika seneszente Zellen womöglich daran, ihre nützlichen Funktionen auszuüben? Ja, diese Gefahr besteht durchaus, wenn sie undifferenziert und dauerhaft zum Einsatz kommen – dies gehört zu den zentralen Risiken und ethischen Fragen in der Senolytika-Forschung. Deshalb kommt es entscheidend an auf Menge und Zeitpunkt der Einnahme, Zielgewebe und Wirkstoffwahl.
Gesund zu leben, ist dagegen seit Jahrtausenden erprobt – risikoarm, nachhaltig und mit garantiertem Zusatznutzen für Herz, Hirn, Stoffwechsel und Psyche.
Nicht zu vergessen: Lebensstilfaktoren wie Fasten, Bewegung, Schlaf, Stressreduktion und pflanzenbasierte Ernährung sind keine Einzweckwaffen, sondern wirken enorm breit: Sie sind senomorph - seneszente Zellen werden ruhiger, weniger schädlich -, regen Autophagie an, hemmen Entzündungen und stärken das Immunsystem. Der Körper entsorgt einen Großteil der Zombiezellen selbst – vorausgesetzt, wir gehen so mit ihm um, dass er die Chance dazu bekommt.
Die Versuchung ist groß, sich die Mühsal einer gesünderen Lebensweise zu ersparen, indem man Nahrungsergänzungsmittel schluckt. Für diese vermeintlich bequeme Abkürzung winken Kombinationspräparate von Quercetin und Fisetin. Dagegen spricht eine sehr geringe Bioverfügbarkeit: Vom Wirkstoff verbleibt nach Einnahme zuwenig aktiv im Körper - weniger als 2 % (Quercetin) bzw. 5 % (Fisetin). Denn beide sind im Dünndarm kaum wasserlöslich, weshalb sie im Verdauungsbrei gebunden bleiben, statt in die Blutbahn zu gelangen; beide lassen sich von Enzymen leicht zerlegen; beide werden von der Leber recht zügig zerstört oder ausgeschieden.
Deutlich besser – zu 10 bis 25 % - resorbiert der Körper Piperlongumin, ein Alkaloid aus dem „Langen Pfeffer“. Allerdings wird auch dieses Senolytikum schnell abgebaut, seine Halbwertzeit ist kurz. Zudem fehlen auch hier bislang Humanstudien.
Denken wir an die weltweit rund 600.000 „Centenarians“, die über 100-Jährigen: Wie viele der Gesundgebliebenen unter ihnen haben jemals irgendwelche Isolate aus dem Sortiment geschäftstüchtiger Supplementhersteller geschluckt?
Geistesverwandt: Seneszenz-Horror und CO2-Paranoia
Fazit: Zombie-Zellen sind kein Science-Fiction. Diese Untoten existieren. Sie entstehen in jedem Körper, sobald er altert oder unter Stress steht. Und sie sind alles andere als harmlos. Doch sie müssen nicht unser Schicksal sein. Ob durch neue Medikamente, Nahrungsergänzung oder einen gesunden Lebensstil: Die Jagd auf die biologischen Untoten hat längst begonnen – für ein unbeschwerteres Altern, weniger chronische Krankheiten und vielleicht sogar ein längeres Leben. Bloß übertreiben sollte man diese Jagd nicht.
Ähnelt der unter vermeintlich Gesundheitsbewussten verbreitete Seneszenz-Horror nicht der Kohlendioxid-Paranoia von übereifrigen Klimaschützern? Ja, CO2 trägt zum Treibhauseffekt bei – aber muss es deshalb als „Umweltgift“ aus der Atmosphäre entfernt werden? Ohne CO2 gäbe es kein Leben auf unserem Planeten. Und ganz ohne Seneszenz wäre unser Körper nicht gesünder, sondern krank.
Anmerkungen
(1) Siehe z.B. Muñoz‑Espín et al.: “Programmed cell senescence during mammalian embryonic development”, Cell 155 (2013), S. 1104–1118, DOI: 10.1016/j.cell.2013.10.019; Mekayla Storer u. a.: “Senescence is a developmental mechanism that contributes to embryonic growth and patterning”, Cell 155 (2013), S. 1119–1130, DOI: 10.1016/j.cell.2013.10.041.
(2) Darren J. Baker u.a.: “Clearance of p16Ink4a-positive senescent cells delays ageing-associated disorders”, Nature 479 (2011), S. 232-236.
(3) James L. Kirkland/Tamara Tchkonia: “Cellular Senescence: A Translational Perspective”, EBioMedicine 21(C) April 2017, DOI:10.1016/j.ebiom.2017.04.013.
(4) Yi Zhu et al.: "The Achilles’ heel of senescent cells: from transcriptome to senolytic drugs", Aging Cell 22, April 2015, S. 644-658, DOI:10.1111/acel.12344.
(5) Hickson/Justice et al.: "Senolytics decrease senescent cells in humans: Preliminary report from a clinical trial of Dasatinib plus Quercetin in individuals with diabetic kidney disease", EbioMedicine 47, September 2019, S. 446–456.
(6) MJ Yousefzadeh MJ, LJ Niedernhofer u.a.: “Fisetin is a senotherapeutic that extends health and lifespan”, EbioMedicine 36, Oktober 2018, S. 18-28.










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