5094 deutsche Covid-19-Opfer meldete das Robert-Koch-Institut am 23. April 2020. Es unterschlug das 5095. – das einzige, dessen Todesursache eindeutig feststeht: die Meinungsfreiheit.
Stimmt, bisher hat keiner unsere Verfassung abgeschafft. Weiterhin gilt Artikel 5, Absatz 1: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ Ihn zu streichen, war auch gar nicht nötig. Es ist ja „Krieg“ (Macron), „es geht um Leben und Tod“ (Laschet), „278.000 Corona-Todesopfer“ drohen (Drosten), schlimmstenfalls „Millionen“ (Seehofer). Also herrscht „Notstand“. Und der genügt, um Grundrechte im Nu auszuhebeln, einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat kurzerhand in einen „faschistoid-hysterischen Hygienestaat“ zu verwandeln. (So mahnt der Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig.) Ist ja bloß vorübergehend? Darum geht es nicht. Egal ob wir schon ab Ende der Osterferien wieder zur Normalität zurückkehren dürfen, ab Mai, im Herbst oder erst 2021, nach zwangsweisen Massenimpfungen: Das Unfassbare, das scheinbar ganz und gar Ausgeschlossene ist eingetreten – atemberaubend schnell, beklemmend widerstandslos. 75 Jahre, nachdem der Albtraum des Nationalsozialismus endete, tauchen wir in einen neuen ein, der schreckliche Erinnerungen an das finsterste Kapitel deutscher Geschichte wachruft. Ja, weiterhin darf jeder ungehindert seine Meinung äußern – solange sie der offiziellen Linie folgt. Widerrede bleibt jederzeit und überall möglich - aber nur, solange sie nicht allzu viele mitkriegen.
Seit die Corona-Krise begann, lauert diese beklemmende Erfahrung beinahe an jeder Straßenecke, in jedem Supermarkt, in jedem Internetforum. Jeder zehnte Bundesbürger macht sie: So viele, haarsträubenderweise nicht mehr, sind Umfragen zufolge mit dem hyperaktiven „Krisenmanagement“ einer Regierung aus Medizinlaien NICHT einverstanden. Von aufgewiegelten Volksmassen muss sich dieses Zehntel verhöhnen und beleidigen lassen. Zur Minderheit zählen: Journalisten, deren kritische Beiträge, egal wie gut fundiert, keine einzige größere Redaktion haben will. Oder Wissenschaftler, die ihren Ruf, ihre Position, künftige Forschungsmittel, ihre weitere akademische Laufbahn aufs Spiel setzen, falls sie nicht die Klappe halten.
Selbst Ärzte und Lehrstuhlinhaber verschienener Fachrichtungen – Mediziner, Biologen, Ökonomen, Juristen – sehen sich mundtot gemacht, sobald sie zu protestieren wagen. So gut wie alle Leitmedien, die überheblichen Hüter des „Qualitätsjournalismus“, recherchieren in weitem Bogen an ihnen vorbei. Verschweigen ihre Standpunkte und Argumente. Lassen sie in keiner Druckzeile, keiner Sendeminute zu Wort kommen. Warnen Leser und Zuschauer in Kommentaren vor ihnen. Übergehen sie konsequent auf den Gästelisten von Talkshows. Ohne Skrupel, ohne Zögern verwandelt sich die sogenannte „Vierte Gewalt“, im Namen „der“ Wissenschaft oder was sie dafür hält, in eine willige Beihelferin von Rufmordkampagnen gegen abtrünnige Experten. Dazu musste niemand sie erst „gleichschalten“. Die Schere im Kopf genügt.
Derart übergangen und angeprangert, bleibt selbst international angesehenen Professoren nichts anderes übrig, als in soziale Medien auszuweichen – wohin auch sonst noch? Dort müssen sie sich vorkommen wie Sebastian Vettel unter Fahrschülern: Sie werden Freiwild für gehässige Trolle und ahnungslose Dumpfbacken, mit IQ-Quotienten vermutlich unter 50, aber Spitzenwerten auf der nach oben offenen Niedertrachtskala, im Einsatz nach der Devise des Satirikers Karl Kraus: „Gedankenfreiheit haben wir. Jetzt brauchen wir nur noch die Gedanken.“
Obendrein widerfährt Kritikern eine Zensur, die weithin unbemerkt schon seit längerem stattfindet:
- Google verbannt ihre Internetseiten auf hintere Plätze von Suchergebnislisten. Browser bieten neuerdings kostenlose Apps wie „Web of Trust“ und „NewsGuard“ an: Kaum installiert, warnen sie vor „minderwertigen“, „irreführenden“ Webseiten von Alternativdenkern und Systemkritikern, dirigieren User zu „vertrauenswürdigen“ anderen Quellen:
- Facebook, Instagram, Pinterest hindern Abweichler daran, Informationen zu teilen, selbst in Gruppen, deren Mitglied sie sind – oder sperren kurzerhand ihre ganzen Accounts.
- Wikipedia-Administratoren ignorieren sie – oder ergänzen ihre Einträge um herabwürdigende Passagen.
- Twitter schließt sich an: Wie der Mikroblogging-Dienst seinen Usern schon am 29. Januar mitteilte, verschaffe er fortan „Zugang zu glaubwürdigen Informationen, insbesondere wenn es um die öffentliche Gesundheit geht. Deshalb haben wir in Schlüsselländern (key countries) unsere Suchfunktion so angepasst, dass verlässliche (authoritative) Quellen für dich besonders hervorgehoben werden, wenn du nach Themen im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus suchst.“
- Um das Verbreiten von „Falschmeldungen“ einzudämmen, begrenzt der Messenger-Dienst WhatsApp das Weiterleiten von Nachrichten. Als Beispiel nennt er „die falsche Behauptung“, die Corona-Krise hänge mit 5G zusammen – obwohl eine Reihe von wissenschaftlichen Studien darauf hindeuten, dass fortgesetzte Mikrowellenbestrahlung im 5G-Frequenzbereich das Immunsystem schwächen kann. Obendrein richtet WhatsApp ein „Informationszentrum“ ein, unter anderem mit Angaben der WHO, einer der eifrigsten Fake News-Produzenten, was Pandemien oder den Nutzen und Risiken von Impfstoffen betrifft.
- Der kriminelle Internetpranger „Psiram“ wirft „Nicht-Vertrauenswürdigen“ Dreck hinterher.
- „Myth Busters“ der Weltgesundheitsorganisation und „ARD-Faktenfinder“ stempeln sie zu lächerlichen Verschwörungstheoretikern, die in dieselbe Schublade wie Ufo-, Flat Earth- und Chemtrails-Gläubige gehören, folglich in psychiatrische Obhut. „Mimikawa.at“ überführt sie des „Internet-Missbrauchs“.
- „Monitor“ (ARD) ordnet sie einem „alternativen Netzwerk“ zu, mit mutmaßlichen Verbindungen zu rechtsradikalen und anarchistischen Medien.
- YouTube versieht ihre Video-Statements mit Warnhinweisen und Links zu angeblich verlässlicheren Quellen, von der WHO bis zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
- Webprovider verwandeln Websites von Kritikern in entleerte „Baustellen“, ohne die geringste Angabe von Gründen. So sperrte Jimdo, ein Internet-Dienstleister aus Hamburg, wiederholt die gesamte Homepage eines der frühesten, meistbeachteten Kritikers des Corona-Hypes, des Arztes Dr. Wolfgang Wodarg. Eine erste Löschung am 5. April wurde nach wenigen Stunden rückgängig gemacht, ohne jegliche Erklärung, anscheinend unter dem Druck zahlreicher Proteste. Doch zwei Tage später war Wodargs Homepage erneut „zurzeit leider nicht erreichbar“, diesmal tagelang.
- Selbst persönlicher Schriftverkehr wird behindert. Das musste der Biologe Prof. Sucharit Bhakdi erleben, einer der meistzitierten Medizinforscher Deutschlands – mit seiner unbestrittenen Fachkompetenz nimmt es vermutlich nicht einmal ein ganzer Rettungswagen voller Panikvirologen auf. 22 Jahre lang leitete Bhakdi das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Johannes-Gutenburg-Universität Mainz. Egal: Nachdem er allzu penetrant den Corona-Wahn anprangerte, zuletzt in einem Offenen Brief an die Bundeskanzlerin, wurde sein Universitäts-E-Mail-Account zeitweilig deaktiviert. (1)
In allen sozialen Medien nehmen rigorose Löschungen zu, ohne Angabe von Gründen. Proteste lassen die Betreiber kalt. Allenfalls versenden sie den niemals näher begründeten Standard-Hinweis, es läge ein Verstoß gegen „Gemeinschaftsstandards“ vor. Diesen zufolge dürfen keine „Falschinformationen“ verbreitet werden. Dies wird mit immer größerer informationstechnischer Perfektion sichergestellt: Algorithmen sortieren missliebige Infos in Sekundenbruchteilen automatisch aus.Was ihnen entgeht, tilgen anonyme „Fake News“-Jäger in Diensten der Netzwerkbetreiber.
Kurzum: Selbst das bisschen Meinungsfreiheit, das Kritikern des Corona-Hypes noch bleibt, ist hochgradig gefährdet. Sie völlig zu beseitigen, durch gänzliches Aussperren von Social Media, wäre technisch inzwischen ein Kinderspiel.
Wie beschämend, wie beängstigend: Westliche Demokratien eifern dabei ohne Skrupel dem totalitären Vorbild Chinas nach. Angesichts der Krise unternahm Peking von Anfang an alles, um sich das Informations- und Deutungsmonopol zu sichern. Kritiker wurden schikaniert, eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht, örtliche Behörden bestraften sie wegen „Verbreitung von Gerüchten“. Ist Peking demnächst überall, im Namen „der“ Wahrheit? Vor einer „Infodemie mit Fake News“ warnen Weltgesundheitsorganisation und Vereinte Nationen. (2) Vergeblich mahnt Amnesty International: „Zensur, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen haben keinen Platz im Kampf gegen das Coronavirus.“
Zu den Wenigen, die „einen irritierenden Konformismus“ beklagen, zählt der Historiker Paul Nolte von der Freien Universität Berlin. „Gerade in einer solchen Situation brauchen wir eine lebendige und kritische Zivilgesellschaft. Wir brauchen streitbare Intellektuelle, die der Politik widersprechen, andere Szenarien entwickeln. Wo ist eigentlich die Linke, die müsste diese Diskurse doch jetzt führen? (…) Jetzt ist der Punkt, wo wir aus dem Tal heraustreten, uns auf den Hügel stellen und warnend den Zeigefinger erheben müssen.“
Doch weiterhin sind auf Noltes „Hügel“ bloß ein paar einsame Querdenker anzutreffen. Von dort oben sehen sie am Horizont eine schöne neue Medienwelt heraufdämmern, in der die abweichende Meinung als staatsgefährdende Untat dasteht. Wer am verordneten Seuchenschutz etwas auszusetzen hat oder gar die Seuche selbst bezweifelt, der gefährdet die Volksgesundheit. Er untergräbt das Vertrauen in die Staatsorgane, die doch bloß das Beste für uns alle wollen und tun. Solche Leute gehören mundtot gemacht. Ja, man sollte sie nicht nur „auf das Schärfste verurteilen“, sondern strafrechtlich verfolgen, wie Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (CDU) kürzlich forderte: "Es muss verboten werden, öffentlich unwahre Behauptungen über die Versorgungslage der Bevölkerung, die medizinische Versorgung oder Ursache, Ansteckungswege, Diagnose und Therapie von Covid-19 zu verbreiten." Ging daraufhin ein Aufschrei der Empörung durch Deutschlands Medien? Ich muss ihn überhört haben.
Und jenseits der Medienwelt, im echten Leben? Dort hinterlässt die Einheitspropaganda tiefe, nachhaltige Spuren - zumindest in den Köpfen jener 80 Prozent, die mit dem „Krisenmanagement“ ihrer Regierung nicht nur zufrieden sind (Deutschlandtrend/ARD, Politbarometer/ZDF), sondern sogar noch härtere „Seuchen“schutzmaßnahmen begrüßen würden; Scharfmachern wie Spahn und Söder verhelfen sie zu sprunghaft steigenden Popularitätswerten, was diese ermutigt, noch schärfer zu sein. Vermeintlich seriös aufgeklärt und voller Dankbarkeit für ihre tatkräftigen Beschützer da oben, treten Abermillionen Viruspaniker als allzeit wachsame Verteidiger der bedrohten Volksgesundheit auf, als seuchenbehördliche „Bürgerwehr“, nach dänischem Vorbild. Aufgewiegelte beschimpfen, verhöhnen, verleumden und mobben Zweifler. Sie bespitzeln Verdächtige, denunzieren Abweichler – und machen sich dabei zu willigen Beihelfern einer außer Rand und Band geratenen Staatsmacht. Jeder Fünfte würde Mitbürger, die gegen das Kontaktverbot verstoßen, bei der Polizei anzeigen. Dass Mitmenschen, bloß weil sie anderer Meinung sind, angeschwärzt, angefeindet, verachtet, ihrer Würde beraubt, psychisch kaputtgemacht, existenzbedrohend geschädigt werden: All das nimmt die klorollenhamsternde Bevölkerungsmehrheit, selbst wenn sie nicht aktiv mitschnüffelt und mithetzt, inzwischen billigend in Kauf. Die Zivilgesellschaft ist verstummt – wo Politik „alternativlos“ erscheint, bedarf es keiner Stimme mehr, die sich gegen sie erhebt. Wie selbstverständlich gilt das Motto des englischen Philosophen Thomas Hobbes aus dem 17. Jahrhundert: „Wenn der Bürger vom Staat geschützt werden will, schuldet er ihm Gefolgsamkeit“ – selbst wenn dieser Staat das Bedrohungsgefühl, das er bekämpft, überhaupt erst selbst erzeugt hat. „Je mehr sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt“, so warnte George Orwell, „desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.“
Wie weit Meinungskontrolle bereits in DIESER Krise geht, ist zweitrangig. Das reformierte „Infektionsschutzgesetz“ ließe Fake-News-Justiz à la Pistorius in jedem künftigen Pandemiefall zu, Verfassung hin oder her. Und der nächste tritt WANN ein? Vielleicht schon im kommenden Winter, mit Beginn der nächsten Grippesaison.
Was gibt es aus der Corona-Krise zu lernen - für alle Möchtegern-Führerfiguren dieser Welt, wie auch für alle, die aus Pandemie-Szenarien Geschäftsideen entwickeln? Atemberaubend rasch und leicht kämen sie ans Ziel ihrer Träume. Herzlich wenig genügt dazu: (1.) ein neues Virus, das sich ebenso rasch verbreitet wie SARS-CoV-2, aber noch ein bisschen tödlicher ist – für moderne Gentechnik ein Klacks. (2.) ein weiterer Pandemie-Alarm der WHO – kein Problem, wie soeben wieder erlebt. (3.) eine kleine Experten-Clique, auf die sich Regierungen und Behörden berufen können, weil sie vermeintlich den Segen „der“ Wissenschaft beisteuert – als ob es nur eine einzige gäbe, die unantastbare, ruckzuck politisch verwertbare Wahrheiten liefert. Den Rest erledigt die Hofberichterstattung von wissenschaftsgläubigen Medien: Mit ideologisch einförmiger Rund-um-die-Uhr-Berieselung, mit hochemotionalen Bildern von Kranken, Sterbenden und Leichen versetzen sie ganze Völker in hysterische Panik, wiegeln sie auf, immunisieren sie gegen Bedenken, machen sie gefügig. Mit der ganzen Wucht moderner Propagandakunst beschaffen sie Hardlinern Umfragewerte, die geradezu nordkoreanische Mehrheitsverhältnisse widerspiegeln. Binnen Wochen erwächst daraus ein vergiftetes geistiges Klima, in dem gegen Quertreiber, als mutmaßliche Gefährder der Volksgesundheit, fast schon Pogromstimmung aufkommt.
So mulmig, wie mir deswegen zumute ist, muss es meinen Großeltern am Vorabend des Dritten Reichs ums Herz gewesen sein. Geschichte wiederholt sich nicht? Ich wüsste kein Naturgesetz, welches das auf immer und ewig ausschließt. In der Nachkriegsgeschichte hat uns jedenfalls kein anderes Jahr „1984“ näher gebracht als 2020. Selbst wenn wir Freiheit demnächst zurückerhalten, wird sie vorläufig bleiben. Das war sie immer schon, aber selten wurde offenkundiger: Von selbst versteht sie sich mitnichten. Wie blitzschnell sie verlorengehen kann, sollten wir niemals vergessen, während wir wieder Gebrauch von ihr machen dürfen. Wie recht doch Joachim Gauck hatte, unser elfter Bundespräsident: „Freiheit will immer wieder neu errungen sein.“
Anmerkung (1) https://www.facebook.com/Dr-Wolfgang-Wodarg-83788386909/, s. Wodargs Beitrag vom 6. April
Infos/Links:
Paul Nolte (Historiker) im Interview mit der Frankfurter Rundschau (29.3.2020): „‘Widerwille und Trotz werden zunehmen‘ – Corona als Gefahr für die Demokratie?“, https://www.fr.de/politik/corona-krise-gefahr-demokratie-interview-historiker-paul-nolte-13631157.html
Raphael M. Bonelli (österreichischer Neurowissenschaftler und Psychiater): „Corona Aktuell: Warum das Virus eine Gefahr für unsere Meinungsfreiheit darstellt“, https://www.youtube.com/watch?v=-8hdnNVezlw
Harald Wiesendanger: Das GesundheitsUNwesen – Wie wir es durchschauen, überleben und verwandeln (2019), https://stiftung-auswege-shop.gambiocloud.com/das-gesundheitsunwesen-wie-wir-es-durchschauen-ueberleben-und-verwandeln-printausgabe.html
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