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  • Dr. Harald Wiesendanger

„Was ist bloß aus dir geworden?“

Aktualisiert: 1. Mai 2021

Ein Offener Brief an Geschäftsführung, Chefredaktion und Aufsichtsrat der Deutschen Presse-Agentur.



„Liebe dpa, sechs Jahrzehnte lang warst du für Nachkriegsdeutschland eine hochangesehene Informationsquelle, aus der nahezu sämtliche Redaktionen hierzulande schöpfen. Journalistische Grundsätze waren dir heilig. Du galtest als vorbildlich neutral und unabhängig.


Was ist bloß aus dir geworden? Wofür gibst du dich neuerdings her?


Von Facebook hast du dich im Frühjahr 2019 als „Faktenchecker“ kaufen lassen. Seither machst du dich, ebenso wie das sogenannte Recherchezentrum „Correctiv“, zum Handlanger eines Medienkonzerns, der im angeblichen Verteidungskrieg gegen „Desinformation“ Grundrechte demokratischer Gesellschaften sabotiert: die Presse-, Meinungs- und Informationsfreiheit. Unter dem Druck von Politikern, Wirtschaftsverbänden und internationalen Organisationen zensiert Facebook neuerdings kritische Ärzte und Wissenschaftler, aber auch Journalisten und engagierte Bürger, die vermeintlich „schädliche“ (harmful), „irreführende“ Meinungen vertreten.


Dabei assistierst du. Indem du den Daumen über missliebige Beiträge senkst, sorgst du dafür, dass sie mit Warnhinweisen versehen, in ihrer Reichweite eingeschränkt, unsichtbar gemacht, blockiert und gelöscht werden, sobald sie sogenannten „vertrauenswürdigen“, „anerkannten“ Quellen widersprechen: den Daten und Verlautbarungen von Regierungen, Ministerien, Behörden und anderen staatlichen Stellen, der WHO, der EU. Wie bringen es die dpa-Verantwortlichen in Einklang mit journalistischer Standesethik, angeblich unantastbare Autoritäten gegen Kritik immunisieren zu helfen?


„In der DNA der dpa ist schon seit 70 Jahren der Faktencheck drin“, so rechtfertigst du dich. (1) Da verwechselst du etwas. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob Journalisten Tatsachenbehauptungen überprüfen, um anschließend zu verbreiten, was sie herausgefunden haben – oder ob sie sich damit über jeden erheben, den eigene Nachforschungen zu anderen Ergebnissen geführt haben. dpa-„Faktenchecks“ sind bestenfalls sorgfältig recherchierte Behauptungen und Bewertungen, die Diskussionen bereichern sollten, anstatt sie im Keim zu ersticken. Dessen machen sie sich schuldig, indem sie es erleichtern, Rufmord an Querdenkern zu verüben und ihnen Maulkörbe zu verpassen. Zu welchem geistigen Klima tragen dpa-Schreibtischtäter bei, die Vertreter abweichender Meinungen nach ein paar Telefonaten, Internetklicks und quergelesenen Dateien schwuppdiwupp als „Fake-News“-Produzenten anprangern? Wie weit sind wir schon, wenn ein volontierter Jungspund fernab jeglicher Expertise selbst Lehrstuhlinhaber, selbst Chefärzte, ja sogar Nobelpreisträger in dieselbe Schublade stecken darf wie einen Wirrkopf, der das Gerücht verbreitet, Hilary Clinton betreibe vom Hinterzimmer einer New Yorker Pizzeria aus einen Kinderpornoring?


Wie kannst du dir anmaßen, bei durchaus strittigen Themen über Wahr oder Unwahr zu befinden – etwa bei den auch unter Wissenschaftlern kontroversen Fragen nach Sinn und Nutzen von massenhaften PCR-Tests, von allgemeiner Maskenpflicht und Abstandsregeln, von häuslicher Quarantäne und Lockdown; nach der Aussagekraft von Infektionsraten; oder nach dem weiterhin ungeklärten Ursprung von SARS-CoV-2? Wie kommst du beispielsweise dazu, einen „Faktencheck“ mit der Überschrift zu liefern: „Forscher stellen klar: Coronavirus stammt nicht aus dem Labor“? (2) Woher nimmst du die Kompetenz, dich in solchen Fällen über Erkenntnisse und Einschätzungen von Fachleuten hinwegzusetzen, die auf dem betreffenden Sachgebiet seit Jahren und Jahrzehnten forschen? Über Veröffentlichungen anderer Journalisten, die womöglich auf Fakten gestoßen sind, die du übergehst oder unterschätzt? Über das Recht eines jeden Menschen auf freie Meinungsäußerung, egal wie gut begründet, egal auch, wem die Meinung nicht passt?


Indem du dazu beiträgst, unliebsame Thesen und Argumente zu unterdrücken, erniedrigst du dich letztlich zum Propagandagehilfen von Mächtigen, statt diese als „Vierte Gewalt“ mitzukontrollieren, unabhängig und unbestechlich. (3) Du untergräbst eben jene Verfassungsgrundsätze, denen du deine Existenz verdankst. Das ist: eine Schande.


Warum halten du und „Correctiv“ geheim, für wie viel Geld Zuckerberg eure etwaigen Skrupel besänftigt? (4)


Du seist redaktionell völlig unabhängig, so betonst du. Dabei dürfte dir klar sein: Der Geldzufluss würde versiegen, falls deine Faktenchecks allzu häufig und deutlich den Intentionen deines Auftraggebers zuwiderlaufen – falls du allzu oft jene Quellen in Zweifel ziehen würdest, die er uneingeschränkt für „zuverlässig“ erklärt, und dabei jenen mächtigen Interessengruppen, deren Druck Facebook nachgab, in die Quere kämst. Wer zahlt, will kriegen, wofür er zahlt. Was denn sonst? Warum wohl laufen gefühlte 90 % deiner Urteilssprüche darauf hinaus, Mainstream-Kritiker zu diskreditieren, auch wenn sie in puncto Sachverstand, Erfahrung und Lebensleistung jeden einzelnen dpa-Redakteur turmhoch überragen, der sich anmaßt, über sie zu Gericht zu sitzen?


Ginge es dir vor allem um höhere Werte: Wie hättest du dich jemals für Facebooks grundgesetzwidrige Mission hergeben können? „Tatsachen oder Fakten können falsch sein. Meinungen nie, die sind grundsätzlich von der von der Verfassung garantierten Meinungsfreiheit gedeckt“, stellt Joachim Steinhöfel klar,Hamburger Anwalt für Medien- und Wettbewerbsrecht. „Das Löschen, die digitale Massenexekution, wie ich das martialisch nenne, hat zugenommen in letzter Zeit. Es gibt eine große Zahl an Löschungen, die erkennbar unter keinen rechtlichen Umständen haltbar sind. In der Corona-Krise herrscht da offenbar große Verunsicherung bei den Netzwerken, wie sie damit umgehen sollen. Die schwimmen, wenn Leute die Gefahr dieses Virus in Frage stellen. Sie wollen auf Nummer sicher gehen und löschen oft leichtfertig, was nicht mit den Positionen der täglich in den Medien auftauchenden RKI, Drosten und Kekulé übereinstimmt. Dabei kommt es zu massenhaften Übergriffen in legitime Inhalte hinein.“ Die dpa beschafft die Legitimationen dafür.


Aber erwerben sich dpa-Faktenchecker nicht gerade in der Corona-Krise große Verdienste, indem sie eine verunsicherte Bevölkerung vor umstrittenen Ansichten schützen, die eine Gesundheitsgefahr darstellen, weil sie die Bedrohung verharmlosen, Menschen leichtfertig machen und ihr Vertrauen in die staatlichen Schutzmaßnahmen untergraben?


Solche Einwände bringen Steinhöfel im Nu auf die Palme. „Kommen Sie mir nicht mit dem Begriff ‚umstritten‘. Das fungiert ja heute als Begründungssubstitut. Was ist denn aktuell nicht ‚umstritten‘? Welche Klarheit haben wir in welchem Bereich, abgesehen davon, dass das Virus viel gefährlicher als Fußpilz ist? Inbesondere in einer Zeit, wo schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte stattfinden, sind ‚Diskussionsorgien‘ wichtiger denn je, sie sind das Wesen eines freien, demokratischen Rechtsstaats. Man kann eine Einschätzung teilen oder man lässt es. Es ist nicht haltbar, dass ein Beitrag mit einem Link aufs Robert Koch-Institut gesperrt wird, in dem ein Professor Thesen aufstellte, die nicht jeder teilt. Auch manche Entscheidungen der Bundes- oder Landesregierungen sind hochproblematisch und wurden in den vergangenen Wochen mehrfach kassiert. Die Debatte muss erlaubt sein, gerade jetzt. Renommierte Wissenschaftler zu stigmatisieren, weil sie nicht auf der von Staats wegen verkündeten Virologenlinie sind, ist ein Unding.“ (5)


Hat die dpa es wirklich nötig, für „digitale Massenexekution“ die Alibis zu besorgen?


P.S.: Bevor du, liebe dpa, auch diesen Facebook-Beitrag wegcheckst: Es handelt sich um eine MEINUNG. Man kann sie teilen oder verwerfen. Aber man sollte sie ungehindert teilen KÖNNEN, überall, auch in sozialen Medien. Halte es doch bitte mit jenem Spruch, der zu Unrecht Voltaire zugeschrieben, aber zurecht häufig zitiert wird: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst."


Harald Wiesendanger


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