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  • Dr. Harald Wiesendanger

In Schutzhaft

Aktualisiert: 1. Mai 2021

Das Heim als Gefängnis - Was tut die Hygienedikatur unseren Alten an?


Psychische Gewalt ist ein Straftatbestand, der nach § 223 Strafgesetzbuch mit Freiheitsentzug bis zu fünf Jahren geahndet werden kann. Mindestens die Höchststrafe verdient jeder, der politisch mitzuverantworten hat, was der sogenannte Rechtsstaat gnadenlos seinen Senioren antut. Ab Mitte März 2020 verwandelten überstürzte Corona-Verordnungen Deutschlands rund 14.000 Heime für 1,1 Millionen stationär betreute Alte und Pflegebedürftige faktisch in Gefängnisse, abgeriegelt wie Hochsicherheitstrakte.

Keiner darf mehr raus, frische Luft gibt es nur noch durchs geöffnete Fenster. Ausgangssperren verbieten selbst den Spaziergang im Heimgarten: Diese Restfreiheit könnte nämlich dazu „missbraucht“ werden, Verwandte zu treffen. Rein dürfen nicht einmal engste Angehörige, es sei denn exitusnah, zum endgültigen Abschiednehmen – doch selbst das ist unsicher, es bedarf einer „ausnahmsweisen“ Genehmigung. Aus Heimzimmern sind Gefängniszellen geworden. Auch für die Insassen untereinander gilt strikte Kontaktsperre. Keiner darf mehr beim Zimmernachbarn vorbeischauen, mit ihm auf dem Flur ein Schwätzchen halten, im Gemeinschaftsraum Karten spielen. Gemeinsame Mahlzeiten, die sozialen Highlights jedes Heimalltags, sind gestrichen, wie jegliches sonstige Miteinander, vom Singen übers Basteln bis zur Gruppengymnastik.


Die Folgen sind: schrecklich, herzzerreißend, schlicht verheerend. Schon in „normalen“ Zeiten sozial isoliert und vereinsamt, das nahe Lebensende vor Augen, versinken weggesperrte Senioren nun erst recht in Trauer, Verzweiflung, Resignation, ohnmächtiger Wut. Schon vor Corona litten mindestens 15 Prozent der über 65-Jährigen an einer Depression – wie viele sind es wohl inzwischen? Aber wie sollten sie sich der Schikane widersetzen, auf ihren verfassungsmäßigen Grundrechten bestehen, wenn dies nicht einmal der Generation ihrer Kinder gelingt?


Wie muss es erst den Dementen gehen, die überhaupt nicht begreifen, was mit ihnen geschieht? Ihr Anteil an den Heimbewohnern liegt mittlerweile bei über 70 Prozent. Viele Demenzkranke „haben einen großen Bewegungsdrang“, erklärt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso); „man kann ihnen nicht erklären, warum sie auf ihren Zimmern bleiben sollen.“ Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, weiß vom Fall einer Demenzkranken, die nur Essen zu sich nimmt, wenn ihr Mann bei ihr ist. „In solchen Fällen müsste der Kontakt ermöglicht werden. (…) Bei allem Verständnis für strenge Regeln muss man Menschlichkeit und Augenmaß walten lassen.“


Doch wir befinden uns ja im „Krieg“ (Macron), und wann war Krieg jemals menschlich? Keiner hat Heiminsassen je gefragt, ob sie auf den umfassen­den Seuchenschutz, den der Staat ihnen aufzwingt, überhaupt Wert legen. Weshalb müssen sich freie Bürger, bloß weil sie einer sogenannten „Risiko­gruppe“ angehören, wie Unzurechnungsfähige gängeln lassen – als ob die allermeisten nicht willens und imstande wären, auf sich selber aufzupassen? Leben ist stets lebensgefährlich, erst recht am Lebensabend – die Mortalität menschlicher Existenz beträgt letztlich 100 %. Welche gesundheitlichen Risiken Opa in Kauf nehmen oder vermeiden will: Sollte das nicht ihm überlassen bleiben, wie Rauchen und Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und minderwertige Ernährung? Und warum muss eine freie Gesellschaft mündiger Bürger plötzlich anders verfahren als bei früheren Grippewellen, die zuverlässig kamen und gingen, wobei sie alljährlich für Millionen Infizierte und Zehntausende Tote sorgten, insbesondere unter Senioren, ohne dass ein Hahn danach gekräht hätte? Keinem politisch Verantwortlichen scheint aufzufallen oder zu kümmern, dass die vermeintliche „Lösung“ schon jetzt weitaus schlimmer ist als das Problem, auch im Pflegebereich.


Dass sich alle Heimbewohner widerstandslos damit abfinden, ist unwahrscheinlich. Wie viele setzen sich wütend gegen die Freiheitsberaubung zur Wehr? Wie viele werden deswegen, hinter verschlossenen Türen, von überforderten Pflegern ans Bett gefesselt, mit Spritzen und Tabletten ruhiggestellt? Wir wissen es nicht.


Zuhören, beruhigen, trösten, erklären: all dies wäre im Heimalltag jetzt wichtiger denn je. Doch dafür haben Pflegekräfte momentan noch weniger Zeit und Nerven als ohnehin. Viele schuften für mindestens Zwei – wer positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde, muss zu Hause bleiben, selbst wenn er keinerlei Symptome zeigt. Erst recht fällt er aus, sobald er sich ein wenig erkältet fühlt. Diese Ausfälle treiben den üblichen Pflegenotstand auf die Spitze, ausgerechnet jetzt, wo er sich noch schlimmer auswirkt als vor der Krise.


Vor Coronazeiten beschränkten sich Entmündigungen auf geistig Schwerbehinderte – nun sind sämtliche Alte entrechtet, und kein Richter schreitet ein. Mit wachem Geist verfolgen viele unter ihnen die Nachrichtenlage. Auf allen Kanälen vernehmen sie Schreckensprognosen: Wir stünden „erst am Anfang der Pandemie“, die „Welle“ komme erst noch, eine zweite könne im Herbst folgen, und überhaupt: Womöglich begleite und verändere Corona unseren Alltag, bis ein Impfstoff da ist. Was müssen daraus Senioren schließen, deren durchschnittliche Verweildauer im Pflege­heim je nach Statistik bei anderthalb bis zwei Jahren liegt? Zurecht befürchten sie, dass ihre Einzelhaft womöglich erst im Sarg endet.


Und wie steht es mit jenen, denen heute schon klar ist, dass ihnen wohl nur noch wenige Tage oder Wochen bleiben? „Ein sterbender alter Mensch muss nicht mehr vor einem Virus geschützt werden“, meint Manfred Stegger, Vorsitzender der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebedürftige Menschen (BIVA).


Warum kümmert niemanden, was die Betroffenen selbst wollen? Wie viele würden perfektionierte Infektions­verhütung über zwischenmenschlichen, moralischen und geistlichen Beistand im allerletzten Lebens­abschnitt stellen? Wie vielen geht strengst­möglicher Virenschutz bloß deswegen über alles, weil sie einem haarsträubenden Zerrbild aufsitzen, das ihnen Mainstream-Medien verantwortungslos eintrichtern? Sie fügen sich, weil sie die Irreführung nicht durchschauen, ebensowenig wie anscheinend ihre Heimleitung. Wer klärt Senioren, wie den Rest der Bevölkerung, endlich darüber auf, dass die Sterblichkeit bei Covid-19 kaum höher liegt als bei einer saisonalen Influenza? Wer sagt unseren Alten, dass so gut wie alle angeblichen Covid-19-Opfer zwar MIT dem Virus, aber nicht AN ihm gestorben sind? Dass fast immer mehrere schwere Vorerkrankungen vorlagen, denen die Betroffenen ohnehin in Kürze erlegen wären? Dass das Durchschnittsalter der testpositiven Verstorbenen bei über 80 Jahren liegt? Wer begegnet der Panik mit Forschungsergebnissen, denen zufolge selbst unter den 70- bis 79-Jährigen nach einer Infektion 40 bis 70% völlig symptomfrei bleiben und viele weitere bloß milde Symptome zeigen? (1) In England sorgt soeben eine 106-Jährige für Schlagzeilen: Vor drei Wochen war sie mit einer Covid-19-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert worden – sie überlebte, Ärzte erklärten sie nun für vollständig genesen. Pfleger Andreas U. berichtet KLARTEXT von einer „90-Jährigen, die Corona hatte. Drei Tage Schnupfen und Husten – und rum war´s. Jetzt ist sie wieder gesund.“


Auch wenn das Virus ein Heim besucht und durchseucht, ist damit keineswegs schon das Todesurteil über sämtliche Insassen gefallen. Selbst im besonders gebeutelten Italien verstarben lediglich 3,2 % der Pflegeheimbewohner mit SARS-CoV-2-Infektion, in Spanien 2,5 %. In vier weiteren Ländern, aus denen Zahlen vorliegen, lag die Sterbequote unter einem Prozent: von Belgien (0,8 %) über Frankreich (0,2 – 0,7 %) bis Irland (0,5 %). (2)


Wer beruhigt die Senioren, dass ein positives Testergebnis keineswegs zuverlässig SARS-CoV-2-Befall anzeigt? Die Fehler­anfälligkeit der üblichen PCR-Virentests ist in Fachkreisen seit langem bekannt: Jede zweite Testung fällt „falsch-positiv“ aus – sie stempelt den Virenfreien zum Befallenen. 2003 wurde etwa in einem kanadischen Pflegeheim eine Masseninfektion mit SARS-Coronaviren „nachgewiesen“, die sich später als gewöhnliche Erkältungsviren herausstellten. In einem deutschen Pflegeheim wurde ein 84 Jahre alter Mann positiv auf Covid-19 getestet, woraufhin die gesamte Einrichtung unter Quarantäne gestellt und Massen­tests durchgeführt wurden. Das erste Testergebnis stellte sich später jedoch als falsch heraus – in Wahrheit hatte sich der Betreffende mit einer älteren, harmloseren Variante des Coronavirus infiziert, wie ein Folgetest bestätigte.


Wer klärt Senioren darüber auf, dass all die Horrorstatistiken, die sie verängstigen, auf unsauberer Datensammelei beruhen? So wird jemand automatisch zum „Corona-Opfer“, wenn ein posthumer Virentest positiv ausfiel – oder der Betreffende Erkältungssymptome zeigte, die irgendwie auch zum klinischen Bild von Covid-19 passen. Über derart „merkwürdige Todesfälle“ wunderte sich ausländisches Fachpersonal in Pflegeheimen in der Lombardei: „So wurden in der Stadt Gromo mehrere Fälle registriert, in denen angebliche Coronavirus-Infizierte einfach eingeschlafen und nicht wieder erwacht sind. Bei den Verstorbenen wurden bis dahin keine ernstzunehmenden Symptome der Krankheit festgestellt. Wie der Direktor des Seniorenheims später präzisierte, sei unklar, ob die Gestorbenen tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert waren, denn niemand in dem Heim sei darauf getestet worden.“


Zumindest ein Teil der testpositiven Alten dürfte weniger dem Coronavirus selbst erliegen als extremer Anspannung, in Erwartung des schrecklichen Killers. Andauernde Angst führt zu Stress; Stress erhöht die Ausschüttung von Cortisol; zuviel Cortisol sorgt für Bluthochdruck, schadet dem Herzen und unterdrückt Abwehrreaktionen des körpereigenen Immunsystems. Berichten aus Deutschland und Italien zufolge verstarben Pflegeheimbewohner plötzlich unmittelbar nach Testung - ohne die geringsten Symptome.


Seit Hysterie den Planeten erfasste, ist es zum unerhörten Skandal geworden, dass Hochbetagte zu sterben pflegen. In Deutschlands Pflegeheimen tun es jeden Tag 900. „Auch vor Corona kam es in Wintermonaten häufig vor, dass in relativ kurzer Zeit viele Heimbewohner starben, ohne dass hier Fernsehteams vor der Tür standen und in Schutzanzüge gehüllte Personen gezeigt werden, die sich heldenhaft der Infektions­gefahr aussetzen“, so stellt das Fachmagazin Pflege prisma klar. Eine Physiotherapeutin, die seit 20 Jahren mit den Bewohnern eines großen Pflegeheims arbeitet, schreibt: „Ja, es wird gestorben … jeden Tag. Wir hatten die Schweine­grippe, Ehec, Influenza und weiß der Kuckuck was da noch so durchgefegt ist. Wir hatten in einem Jahr 64 Tote in 4 Monaten… Die Schwester schaut morgens in ein Appartement und findet einen toten alten Menschen vor. Oft wägen wir ab, ob es noch Sinn macht, den Bewohner ins Kranken­haus zu schicken.“ An einem einzigen Märztag 2018, dem 3.3. beispielsweise, verstarben bundesweit 2302 Menschen über 80 Jahren (s. Grafik: Statistik) – kein Hahn krähte danach. Hätte man ihre Leichen schon damals nach diesen oder jenen Viren abgesucht, wäre man mit Sicherheit fündig geworden. Ab Beginn der „Corona-Krise“ bis 31. März 2020 verstarben rund 400 Deutsche über 80 Jahren mit Covid-19-Diagnose – und plötzlich ist der Teufel los.


Im übrigen ist die entwürdigende Inhaftierung unserer Alten, ohne Anhörung und Gerichts­beschluss, nicht bloß grausam, sondern hirnrissig. Nichts verdeutlicht den Irrwitz mehr als der Umstand, dass Heimbewohner ja durchaus weiterhin Besuch bekommen dürfen, und dies mehrmals täglich: nämlich von ihren Pflegern. Mit diesen kommt es am laufenden Band zu Kontakten, zumeist solchen, die den gebotenen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 Metern sträflichst verletzen: sei es beim Verabreichen von Medikamenten, beim Verbinden von Wunden, beim Waschen, beim Füttern, beim Toilettengang. Ja gewiss, Pflegekräfte sind angehalten, auf Hygiene zu achten, sie tragen Atemmasken und Schutzanzüge, sie desinfizieren ihre Hände. Doch warum sollten Verwandte, Freunde, Nachbarn, wenn sie zu Besuch kommen, außerstande sein, die gleichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen? (Selbst der Präsident der Bundesärzte­kammer, Prof. Klaus Reinhardt, fordert, unter diesen Umständen Heimbesuche zu gestatten. Und warum sollte ein Großteil der Senioren nicht selbst zu solchen Vorkehrungen willens und fähig sein, bevor sie einander begegnen?


Richtig: Die Kinder und Enkel, die Kollegen, die Nachbarn könnten Viren einschleppen, die sie sich zu Hause, am Arbeitsplatz, im Supermarkt, auf der Straße eingefangen haben. Aber besteht bei den Pflegekräften nicht exakt dasselbe Risiko? Verbringen sie ihre freie Zeit etwa ausschließ­lich in hermetisch abgeschlossenen Quarantänezelten? Um wirklich auf Nummer Sicher zu gehen, müsste auch für das gesamte Heimpersonal rund um die Uhr Ausgangssperre herrschen: KEINER verlässt das Heim, auch sie nicht. Wer drin ist, bleibt es. Wasser, Essen, frische Kleidung, Medikamente und Klorollen müssten eine Sicherheitsschleuse passieren.


Unseren Alten hat panisch-hysterische Corona-Politik eine Absurdität aufgenötigt, die vorher undenkbar schien: Blindlings auf die Spitze getrieben, kann Fürsorge in Unmenschlichkeit umschlagen. Wo pennen zur Zeit eigentlich Staatsanwälte und Verfassungsrichter? Mit einem aufgezwungenen Leben im Käfig mögen Hamster, Ziervögel und Zwergkaninchen klarkommen – für Menschen, gleich welchen Alters, ist es eine inhumane Zumutung, die sie nicht nur ihrer Freiheit und Selbstbestimmung beraubt, sondern auch ihrer Würde.


Was unterscheidet in Spahnland Heimbewohner noch von Strafgefangenen? Letztere sitzen wenigstens gratis ein – ein Heimplatz hingegen kostet im Schnitt über 2000 Euro pro Monat.


Die humanere Alternative zu einem totalitären Staatsinterventionismus, dem das „Abflachen der Kurve“ über alles geht, wäre eine stoisch-libertäre Haltung, die auf den Grundsätzen der freiheit­lichen Ethik und der Menschenrechte beruht. Ihre Kernbotschaft lautet: Lebe weiter wie gewohnt, lass dich nicht verrückt machen, pass auf dich und Andere auf. Derzeit gibt es noch nicht mehr Todesfälle als üblich. Also hast du keinen vernünftigen Grund zur Panik. Falls die Sterberate ansteigen sollte, begrabe die Toten in Würde. Die Überlebenden mögen dann ihr Leben nach bestem Wissen und Gewissen weiterführen, bis auch sie an die Reihe kommen. Und sie werden es ganz sicher, mit und ohne Covid-19.



Meine Mutter ist 87. Seit 13 Jahren wohnt sie in einem Hamburger Pflegeheim – allein in einem Einzelzimmer, mein Vater ist seit fünfzehn Jahren tot. Seit ihr vor 22 Jahren wegen eines bösartigen Tumors Teile der Zunge weggeschnitten wurden, tut sie ihr bei jeder kleinsten Bewegung weh. Metastasen im Hals, der Schilddrüse, im Kiefer, im rechten Lungenflügel führten zu 15 Krebsoperationen, an die sich 35 Bestrahlungen anschlossen; diese Therapien haben meiner Mutter vielleicht das Leben gerettet, sie aber auch entstellt und ihr chronische Schmerzen beschert, die hochdosierte Analgetika mehr schlecht als recht dämpfen. Eine unaufhaltsame Makuladegeneration hat sie auf beiden Augen erblinden lassen. Seit zwei schweren Stürzen, bei denen sie sich den rechten Oberarm und die linke Hüfte brach, ist sie an den Rollstuhl gefesselt. Anschluss an andere Heimbewohner hat sie nie gefunden. Flüssigkeit muss ihr über eine Magensonde zugeführt werden, weil sie nicht mehr trinken kann, ohne sich zu verschlucken. Essen kann sie nur noch Weiches und Püriertes. Von ständig wechselnden, gestressten Pflegekräften abgesehen, haben in all den Jahren nur ihre beiden Söhne mit deren Familien ihr Zimmer betreten. Und diese Kontakte brachten wenigstens für eine kurze Weile etwas Licht in ihre dunkle, trostlose Erlebniswelt. Das ist nun vorbei. Gemäß der „Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg“ vom 9. April, § 15, Absatz 1, „dürfen Wohneinrichtungen der Pflege ´(…) zu Besuchszwecken nicht betreten werden“. Einzige Ausnahmen, nach § 15 Absatz 4: „therapeutisch, medizinisch, zur Erledigung von Rechtsgeschäften oder zur Seelsorge notwendige Besuche“ – damit können Kinder und Enkel meiner Mama nicht dienen. „Träger von Wohneinrichtungen dürfen weitere Ausnahmen von diesen Besuchs- und Betretungsverboten bei berechtigtem Interesse im Einzelfall, zum Beispiel im Rahmen der Sterbebegleitung, gegebenenfalls unter Auflagen, zulassen.“ Das heißt: Nicht einmal wenn meine Mutter im Sterben liegt, hat sie ein garantiertes Recht, ihre Kinder zu sehen – es sei denn, es wird „zugelassen“, so als handle es sich um einen huldvollen Gnadenakt, für den man jenen, die ihn gewähren, in tiefster Dankbarkeit die desinfizierten Füße küssen müsste.


Geistig noch hellwach, trauert meine Mutter stumm vor sich hin, einsam und verzweifelt, wenn sie nicht gerade ein Anruf von uns Kindern für ein paar Minuten ablenkt und tröstet. Ob ich sie jemals wiedersehen werde? Ob ich sie noch ein letztes Mal in den Arm nehmen kann?


Glaubt ein Jens Spahn, ein Markus Söder, eine Angela Merkel allen Ernstes, dass ein 87-jähriger Mensch, der so viel durchmachen musste wie meine Mutter und den baldigen Tod eher als Erlösung empfände, auf die sadistische Überfürsorge einer Hygienediktatur den geringsten Wert legt? Ist sie die Einzige, die lieber heute als morgen die Augen für immer schließen würde, ein letztes Mal die Stimmen ihrer Kinder hörend und deren Hände haltend, als dieser Isolationsfolter weiterhin unbefristet ausgesetzt zu sein?


Harald Wiesendanger


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