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  • Dr. Harald Wiesendanger

Liebe heilt – Die therapeutische Kraft des höchsten aller Gefühle

Durch ständigen Missbrauch abgenutzt, kom­­men manche Ausdrücke derart phra­sen­­haft-hohl daher, dass man ihre Weiterverwen­dung am liebsten verbieten würde. Derge­stalt haben sich Politiker am „Sozialen“ und „Liberalen“ vergangen, der Online-Allesvernetzer Face­book an „Freundschaft“, werbetreibende Lebensmittelher­stel­ler am „Genuss“, die FIFA an „Ethik“, Faktenchecker an „Tatsache“ und „Wahrheit“ – und eine Koali­ti­on aus überschwänglich Verknallten, Songtextern der Pop­industrie und abgehobenen Esoterikern am Begriff der Liebe.


Um so schwerer fällt es uns zu bekennen: Wir lieben die Menschen, die in die Therapiecamps unserer Stiftung Auswege kommen, einen wie den anderen – den äußerlich entstellten, geistig zurückgebliebenen, körperlich aufs Extremste eingeschränkten Behinderten ebenso wie den von Krämpfen geschüttelten Epileptiker und das hyperaktive, aggressive Kind; gestresste, hadernde, fordernde Eltern ebenso wie mürrische, uneinsichtige, verklemmte, selbstgerechte, ver­kopfte, undankbare erwachsene Patienten und distanzierte, argwöhnische, besserwisserische Angehörige. Und genauso empfinden die allermeisten, die sich uns anvertrauen: Am Ende einer Therapiewoche schwärmen sie von einem Übermaß an Liebe, das sie bei uns erfahren ha­ben. Benötigen beide Seiten, Helfer wie Hilfe­­suchende, dringend Nachhilfeunterricht in Semantik?


Liebe ist die stärkste Zuneigung und Wertschätzung, die Men­schen einander entgegenbringen können; ge­prägt wird sie von einer innigen, tiefen Ver­bun­­denheit, die ihren Nutzwert über­steigt. Schon in der Antike un­ter­schieden Dichter und Philosophen drei Arten von Lie­be. Im Sinne der ersten, Eros, geht es bei uns durchweg lieblos zu: Wir füh­len uns Teilnehmern gewiss nicht sinnlich-erotisch verbunden, durch leidenschaftliches Begehren. Wohl aber verbinden uns Philia - die freund­schaftliche Form von Liebe, die auf gegenseitiger Anerkennung und Verständnis beruht – und Agape, der es selbstlos fördernd um das Wohl des Nächsten geht.


Inwiefern? Wie alle psychischen Zu­stände, so ist auch Liebe mit be­stimm­ten Gefühlen, Einstellungen und Ausdrucksformen verbunden. Und in jeder dieser Hinsichten passt der Begriff durchaus auf unsere innige Beziehung zu Campteilnehmern: Emotional verbinden uns mit ihnen Sympathie und Mitgefühl. Unsere Haltung ihnen gegenüber ist geprägt von bedingungsloser Wertschätzung, aufrichtigem Interesse, Anteilnahme und Fürsorge. Beides verbergen wir nicht, sondern bringen es im Camp­alltag bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck - durch Äußerungen bei Heilsitzungen und Beratungstermi­nen, in Gruppenzusammenkünften und Gesprächen außerhalb des Ta­ges­programms, ebenso durch non­ver­bale Signale in Mimik, Gestik, Körperhaltungen und Verhaltens­wei­sen, die uns weder Überwindung kosten noch irgendeinem Kalkül folgen: Teilnehmer freundlich anzulächeln, zwischendurch ihre Hand zu halten, sie zu umarmen, fällt uns keineswegs schwer.


Darin sehen wir weitaus mehr als bloß wellnessförderliches Beiwerk zur therapeutischen Arbeit – es ge­hört essentiell dazu. Denn wir sind fest davon überzeugt: Liebe heilt. Darin stimmen wir ganzheitlichen Ärzten, Thera­peuten und Heilern zu, die diesen Aspekt nachdrück­lich betont haben (1). Ein literarisches Manifest dieser Gesinnung ist die um 1990 erschienene Auf­satz­samm­lung Was ist heilen? (2). Ein ame­rikanisches Auto­ren­duo, Richard Carl­­son und Benjamin Shield, ließ darin 28 be­rühmte Heiler, sympathisierende Ärz­te und wissenschaftliche Exper­ten in kurzen Es­says erläutern, worin ihres Erachtens das Wesen Geistigen Heilens besteht. "Liebe ist der Heiler", fassen die Her­ausgeber einleitend den Grundtenor der meisten Beiträge zusammen. "Liebe wird als der kleinste gemeinsame Nenner betrachtet, der jeder erfolgreichen Heilung zugrunde liegt und alle wirkungsvollen Heilmetho­den unterstützt. Ohne Liebe gibt es keine wirkliche Heilung." (3) "Es ist die Liebe, die heilt", lehrt eine der prominentesten Heilerinnen im Thera­peu­ten-Netz­werk der Stiftung Auswege, Pamela Sommer-Dickson - "eine ganz starke, aber auch ganz fein schwingende Energie, die uns berühren kann, wenn wir bereit sind, unsere Herzen zu öffnen und uns selbst anzunehmen (...) Dann erleben wir, wie sie Wunder wirken kann." (4)

Doch wie sollte Liebe eine heilsame Kraft entfalten können? Sie tut es auf beiden Seiten der therapeutischen Beziehung: Helfer, die lieben, sind besonders motiviert, ihr Bestes zu geben. Hilfesuchende, die sich ge­liebt fühlen, vertrauen, öffnen sich, kooperieren mehr.


Zu diesen psychologischen Aspekten tritt vermutlich ein paraphysikalischer hinzu – eben jener, den Heiler meinen, wenn sie versichern, Gedan­ken seien „Schwingungen“ im „Fein­stofflichen“, liebevolle Gedanken deren höchste. Nach über einem Jahr­hundert parapsychologischer Forschung sind solche Spekulationen längst nicht mehr abwegig: Unzäh­lige Tests und Experimente, darunter viele auf gehobenem naturwissenschaftlichem Niveau, deuten mittlerweile darauf hin, dass geistige Ereig­nisse, Vorgänge und Zustände messbare physische Veränderungen auslösen können: bei „verblindeten“ Ver­suchspersonen, bei Tieren und Pflan­zen, bei Pilzen und Bakterien, bei Zel­len und Zellbestandteilen, selbst in an­­organischem Material. (5) Und in manchen Studien zeigte sich, dass liebevolle Intentionen einen besonderen Unterschied machen: Sie synchroni­sie­ren Hirnwellenmuster (6), sie be­schleunigen das Wachstum von Pfla­nzen (7) – wie Hobbygärtner mit „grünem Daumen“ immer schon wussten -, und sie verändern die Struktur von Wasser (8), was insofern medizinisch hochbedeutsam ist, als der menschliche Körper zu zwei Drittel aus H2O besteht, das Gehirn zu 85 Prozent, das Blutplasma sogar bis zu 95 Pro­zent.


Liebe heilt – auch deshalb ist heilsam, was in unseren Camps ge­schieht.


Anmerkungen

1 Siehe H. Wiesendanger: Fernheilen, Band 1: Die Vielfalt der Methoden, Kap. „Die Liebenden – Fernheilen mit dem höch­­sten aller Gefühle“, S. 286 ff.

2 Original: Healers on Healing, hrsg. R. Carlson/B. Shield, Los Angeles o.J.; die deutsche Übersetzung erschien 1992 unter dem Titel Was ist heilen? Berühmte Heilerinnen und Heiler antworten.

3 a.a.O., S. 10

4 in H. Wiesendanger (Hrsg.): Geistiges Heilen für eine neue Zeit - Vom "Wunder­hei­len" zur ganzheitlichen Medizin, München 1999, S. 17-30, sowie in ders. (Hrsg.): Wie Jesus heilen. Geistiges Heilen: ein Akt christlicher Nächstenliebe, 4. überarb. Aufl., Schönbrunn 2008, S. 305-315.

5 Eindrückliche Forschungsergebnisse stelle ich vor in Fernheilen, Band 2: Fall­beispiele, Forschungen, Einwände, Erklärun­gen, Schönbrunn 2004, S. 115-210 sowie in Das Große Buch vom Geistigen Heilen – Mög­lichkeiten, Grenzen, Gefahren, Schön­brunn 2002, S. 259-304.

6 s. Fernheilen, Band 2, a.a.O., S. 179 f.. sowie Harald Wiesendanger: Die Jagd nach Psi – Über neue Phänomene an den Grenzen unseres Wissens, Freiburg i. Br. 1989, S. 243 ff.

7 Ende der siebziger Jahre berichtete eine führende Fachzeitschrift für Parapsycho­lo­gie über ein Experiment, in dem ein Heiler mit zwei Gruppen von jeweils 19 Rettichen arbeitete; den einen widmete er einen Monat lang täglich 15-20 Minuten lang „liebevolle, fürsorgliche Gedan­ken“, die anderen ignorierte er. Beide Pflan­­zengruppen hatten hinsichtlich Licht, Wärme, Wässerung, Erde die gleichen physikalischen Bedingungen. Am Ende der Versuchsphase wiesen die „geistig“ behandelten Radieschen ein statistisch signifikant höheres Gewicht auf. Chris Nicholas: „The effects of loving atten­tion on plant growth“, New England Journal of Parapsychology 1/1977, S. 19-24.

8 Der japanische Parawissenschaftler und Alternativmediziner Masaru Emoto – er starb 71-jährig im Oktober 2014 – lieferte aufsehenerregende Beiträge zum Phänomen des „Wassergedächtnisses“: Nach seiner Auffassung kann es die Ein­flüsse von Gedanken und Gefühlen speichern, wobei es seine Qualität ändert. Dazu veranlassten ihn Experimente, in denen er Wasserproben entweder positiven Botschaften wie „Danke“ und „Freu­de“ oder negativen Botschaften wie „Hass“ und „Krieg“ aussetzte – teils mit­tels beschrifteter Zettel, die ins Wasser eingetaucht oder an der Behälterwand befestigt wurden, teils durch rein geistige Einwirkungsversuche – und anschließend gefror; die entstehenden Eiskristal­le fotografierte und deutete er anhand von ästhetisch-morphologischen Kriteri­en. „Positiv“ beeinflusstes Wasser, so fand er, bilde stets ausgesprochen harmonische, meist symmetrische Formen, wäh­­rend „negativ“ belastetes Wasser miss­gebildete, amorphe Strukturen auspräge. Kritiker halten Emoto allerdings Un­sauberkeiten beim Untersuchungsab­lauf und der „Analyse“ vor.


(Harald Wiesendanger)


Dieser Betrag enthält Auszüge aus dem Buch von Harald Wiesendanger: Auswege – Kranken anders helfen (2015)

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