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Dr. Harald Wiesendanger

Das „Wildtier-vom-Markt“-Märchen

Es staunt die Fledermaus: Wie gelang ihrem Virus bloß der „Spillover“?



Coronaviren tummeln sich auf der Erde seit mindestens 10.000 Jahren. Womöglich gab es sie schon vor 300 Millionen Jahren – Wissenschaft­ler sind sich darüber noch uneins. (1) Inzwischen sind meh­rere Dutzend Stämme bekannt. (2) Sieben gelingt es, Men­schen zu infizieren.


Vier von ihnen lösen eher harmlose Erkältungen aus. Zwei davon, OC43 und HKU1, stammen von Nagetieren, die beiden anderen - 229E und NL63 - von Fledermäusen.

Drei Arten von Coronaviren hingegen können uns erheb­lich zusetzen: SARS-CoV, so benannt nach dem Schwe­ren Akuten Atemwegssyndrom (SARS), das man­che Infi­zierte entwickeln; MERS-CoV, das „Nahost-Atmungs­syndrom“; und nun SARS-CoV-2. Alle drei sol­len ur­sprüng­lich von Fledermäusen stammen. Die „Zoo­nose“, d.h. den Übergang von Tier zu Mensch, könnten Zwi­schenwirte vermittelt haben.


Viren mutieren unentwegt: Sie ordnen die Bausteine ihres Genoms laufend neu an, um sich ihrer Umgebung anzupassen, ihre Vermehrung sicherzustellen und zu beschleunigen. Die meisten Mutationen bleiben aber un­ergiebig, ein Großteil schwächt die Viren sogar eher. Nur wenige machen sie für befallene Lebewesen gefährlicher, noch viel weniger für den menschlichen Organismus.


Drängt sich vor diesem Hintergrund nicht die Frage auf: Wie kann es sein, dass dieser Virentyp womöglich schon zur Zeit der allerersten Reptilien unterwegs war, hunderte Millionen Jahre bevor Homo sapiens auftauchte, aber erst zu Beginn des dritten Jahrtausends nach Christus Men­schen brandgefährlich zu werden begann – nicht bloß mit einem Mutanten, sondern gleich mit drei, und das inner­halb von bloß 18 Jahren? Ist es nicht ein sonderbarer Zu­fall, dass alle drei von Fledermäusen ausgingen? Dürfen wir uns nicht darüber wundern, wie blitzartig diese Coro­na­viren ihr Gefahrenpotenzial steigern konnten, inner­halb eines Zeitraums, der gemessen an der gesamten bio­lo­gi­schen Evolutions­geschichte aberbillio­nen­mal kürzer ist als ein Wimpernschlag? Die erste SARS-Pandemie, die zwischen November 2002 und Juli 2003 25 Länder auf nahezu allen Kontinenten erreichte, beließ es bei 8000 registrierten Infizierten und 774 Todes­fällen. MERS-CoV, das ebenfalls eine Lungen­entzündung auslösen und für Atemnot sorgen kann, sorgte zwischen April 2012 und Ende Februar 2020 nach WHO-Angaben für 2519 Erkrankungen, an denen 866 Menschen star­ben. (3) Gewiss, jeder Tote ist einer zuviel. Aber sind diese Zahlen nicht ein Klacks, verglichen mit jenen knapp sechs Millionen bestätigten Covid-19-Fällen und mut­maß­­lich 360.000 Toten, zu denen das neuartige SARS-CoV-2 innerhalb von knapp vier Monaten geführt haben soll, von Ende Januar bis Ende Mai dieses Jahres? (4) Ent­stand dieser Killer ausschließlich auf natürlichem Weg?


Am 20. Januar 2020 setzte die Volksrepublik China die Welt offiziell davon in Kenntnis: Ein hochansteckendes neu­artiges Virus, das von Mensch zu Mensch übertragbar ist und schwere Atemwegserkrankungen auslöst, verbreitet sich in der Millionenmetropole Wuhan in Windes­eile. Eine Woche später rief die Weltgesundheits­organisation (WHO) eine „internationale Gesundheits­not­lage“ aus, die sie am 11. März zur Pandemie hochstufte.


Noch viel rascher als SARS-CoV-2 verbreitete sich rund um den Globus ein scheinbar einleuchtender Ursprungs­mythos, auf den sich Regierungen und Behörden, Exper­ten und Medien einhellig festlegten: Zweifelsfrei sei das Virus auf natürliche Weise entstanden. Im Körper von Fleder­mäusen, vielleicht auch erst in irgendeinem Zwischen­wirt sei es spontan derart mutiert, dass es zur „Zoonose“ fähig wurde, also auf Menschen überspringen konnte. Die Erstinfektion müsse auf dem Huanan-Groß­markt von Wuhan stattgefunden haben, einem Labyrinth so groß wie sieben Fußballfelder, wo neben Fischen und Meeresfrüchten auch eben solche Wildtiere gehandelt werden. „Nasse Märkte“ heißen solche Handels­orte, weil dort reichlich Blut und Dreck ständig mit Wasser wegge­spült werden.



Aber welche Tierart diente als Sprungbrett für den „Spillover“, den Übergang des Virus auf den Menschen? Seit über einem Vierteljahr fahnden drei chinesische Teams unabhängig voneinander nach dem Ursprung des Erregers – bislang vergeblich. (5) Tests an Hunderten Pro­ben von Wuhans Tiermarkt lieferten keinerlei Hinweis auf sonstige mutmaßliche Wirte. Fledermäuse sind dort gar nicht im Angebot. Aber auch in Zibetkatzen, Dachsen und Krokodilen, in Schlangen und Marderhunden wurden die Wissenschaftler nicht fündig. Unter den mehr als 30 Tierarten, die auf dem Huanan-Großmarkt gehandelt wur­­den, ließ sich bisher in keinem einzigen Exemplar SARS-CoV-2 aufspüren, ebensowenig bei Tieren in freier Wildbahn und bei domestizierten Nutztieren rund um Wuhan.


Im übrigen haben Wildtiermärkte in China, wie im übrigen Asien, eine lange Tradition, die weit vor Christi Geburt begann. Bis vor kurzem gab es dort tausende, sie fanden in allen chinesischen Städten statt. Warum sollte von ihnen erst jetzt schlagartig eine Seuche ausgehen? Und wieso war ausgerechnet Wuhan ihr Epizentrum?


Wider besseres Wissen erwecken manche Experten bei öffentlichen Auftritten den Eindruck, es sei ein jederzeit erwartbares natürliches Phänomen, dass Viren Menschen infizieren. In Wahrheit geschieht dies äußerst selten, und wenn doch, dann nicht so rasch, nicht gleich weltweit verbreitet. Mikrobiologen sprechen von einer „Anpas­sungs­­barriere“. Viren mutieren unentwegt, ständig ent­stehen neue Arten. Doch so gut wie nie machen sie unser­eins krank, schon gar nicht derart ausgeprägt, wie es SARS-CoV-2 von Anfang an zustande brachte. Unter den rund 200 Zoonosen, welche die Weltgesundheits­organisation listet – zwischen Tier und Mensch über­tragbare Krankheiten, von der Pest über Malaria bis zur Borreliose -, ist Covid-19 insofern seltsam einzigartig.



Falls irgendein enger Verwandter des Virus von Fleder­mäusen übersprang: Weshalb sollte er dafür ausgerechnet eine Jahreszeit bevorzugen, in welcher die allermeisten Fledermausarten Winterschlaf zu halten pflegen? (6) Wa­rum sollte er sich dafür ausgerechnet Wuhan aussuchen, 1000 bis 1600 Kilometer nördlich der subtropischen Provinzen Guangdong, Guangxi und Yunnan im Süden Chinas, wo die lichtscheuen Kopfüberschläfer zu Aber­tausenden an Höhlendecken hängen? Hufeisenfleder­mäuse und deren Coronaviren gibt es in Wuhan höch­stens an drei Orten: in den dorti­gen virologischen Insti­tu­ten, wo seit den Nullerjahren des neuen Jahrtausends exzessiv an ihnen herumgeforscht wird.


Doch wie steht es mit Pangolinen, jenen schuppigen Ameisenfressern, die anfangs als heißeste Kandidaten für den „Zwischenwirt“ gegolten hatten, auch für Christian Drosten, unseren wuschelköpfigen Halbgott vom Viro­logenhimmel? Diese putzigen nachtaktiven Säuger trei­ben sich spärlich im Süden Chinas herum, wo sie vom Aussterben bedroht sind; menschliche Siedlungen und Ackerland meiden sie. Wie sollen da ansteckende Kon­tak­te zustande gekommen sein? Der Handel mit Pangoli­nen ist in China verboten. Auf dem Schwarzmarkt tauchen sie allerdings hin und wieder auf; ihr Fleisch gilt als Delikatesse, ihre Schuppen als wertvolle Ingredienz in der traditionellen chinesischen Medizin. Eingeschmug­gelt werden sie aus Afrika und Südostasien


In einer Gruppe von 25 malayischen Pangolinen, die der Zoll bei Schmugglern an der chinesischen Grenze beschlagnahmte, fanden Forscher ein verdächtiges Virus. Mit einem nahen Verwandten von SARS-CoV-2, den das WIV 2013 in Fledermäusen entdeckt haben will – RaTG13 – ist es zwar nicht identisch, ähnelt ihm aber in einem entscheidenden Abschnitt der Genomsequenz: jenem, der das Spike-Protein kodiert, jener charakteri­stischen Ausstülpung seiner Hüllmembran, mit dem der Erreger an menschliche Zellen andockt. Dass nur eines von 25 Pangolinen dieses Virus in sich trug, zeigt indes, dass es unter diesen Tieren nur selten vorkommt und unter ihnen keine weit verbreiteten Infektionen verur­sacht. (Immerhin waren die geschmuggelten Tiere tage­lang zusammengepfercht gewesen, ohne einander anzu­stecken.) Und RaTG13? Es wurde allenfalls bei einigen wenigen Fledermäusen gefunden – in einer Höhle in Yun­nan, nirgendwo sonst auf der Welt. Ist es nicht höchst unwahrscheinlich, dass ein extrem seltenes Virus aus einer abgelegenen Bergregion in Südchina auf Pangoline, die außerhalb Chinas gefangen wurden, über­ge­gan­gen und in ihnen mutiert ist? Ohnehin wäre ver­wun­derlich, weshalb importierte Tiere erst in China zu Virenschleudern werden, nicht aber bereits in ihrem Her­kunftsland. Hätte die Seuche nicht zuallererst in Malay­sia ausbrechen müssen?


Das Pangolin-Gerücht verflüchtigte sich am Ende kläglich. Am 7. Februar 2020 hatten Fachleute der South Chi­na Agricultural University in Guangzhou auf einer Pres­se­konferenz erklärt, in den malayischen Pangolinen hätten sie ein Coronavirus entdeckt, dessen Genom SARS-CoV-2 zu 99 % entspreche. Das peinliche Demen­ti folgte kurz darauf: Leider habe es da ein „beschämen­des Missverständnis zwischen der Bioinformatik- und der Labor-Gruppe der Studie“ gegeben, wie die Autoren zerknirscht ein­räumen mussten. Die imposante Überein­stim­mungs­quote betreffe bloß einen Teilabschnitt der RNA-Sequenz; beim vollständigem Genom betrage sie lediglich 90,3 %. (7) (Drei weitere Vergleichsstudien kamen seither auf Werte zwischen 85,5 und 92,4 %.)


Und wie soll SARS-CoV-2 zu diesem einzigartigen Spike-Protein gelangt sein? Die Theorie, dass sich diese beiden Viren auf natürliche Weise miteinander ver­bun­den haben, obwohl die einzigen in Frage kommenden Wirtstiere höchstwahrscheinlich Tausende von Kilome­tern voneinander entfernt lebten, entbehrt jeglicher Glaubwürdigkeit.


Kann irgendein infiziertes Tier der Sündenbock sein? Warum hat dieses mysteriöse Lebewesen dann keine einzige Person außerhalb des Huanan-Markts angesteckt? Und wo hätte es denn seine Infektion herhaben sollen? Jedenfalls nicht vom Huanan-Markt, denn dort gab es über­haupt keine Fledermäuse. (8)


Falls Fledermaus- und Pangolin-Genom miteinander zu SARS-CoV-2 verschmolzen, dann am wahrscheinlich­sten dadurch, dass jemand sie künstlich zusammenfügte. Und auf eben solche Manipulationen ist das Wuhan-Insti­tut für Virologie spezialisiert. Seit mindestens 13 Jahren betreibt es sogenannte „Gain-of-Function“-Forschung: Es stattet eher harmlose Erreger mit neuen Eigenschaften aus, die es infektiöser, pathogener, tödli­cher machen – angeblich zu reinen Erkenntniszwecken. (So etwas „gain“, Zugewinn zu nennen, verdreht die Wortbedeu­tung geradezu pervers.) WIV-Studienberichte aus den Jahren 2015 (9) und 2017 (10) belegen solche ungeheuerlichen Aktivitäten unbestreitbar.



Ebenso faul war an der Story vom Tiermarkt von Anfang an, dass der allererste registrierte Infizierte niemals einen Fuß dorthin gesetzt hatte; von den ersten vier bloß einer; von den ersten 41 immerhin 13, also ein knappes Drittel. Auch ließen sich keinerlei Infektionsketten von anderen Marktbesuchern aus zu ihnen rekonstruieren. (11) Insgesamt ließ sich für 34 % aller registrierten Infizierten Wuhans keinerlei Verbindung zum Markt herstellen. (12)

Mehr als neun Tage lang war SARS-CoV-2 in Wuhan bereits im Umlauf, bevor man am 10. Januar auf den ersten Virenträger stieß, der auf dem Markt gewesen war. Auch diese Tatsache stützt den Verdacht, dass die Seuche eher von einem infizierten Labormitarbeiter ausging, der bei einem Marktbesuch Verkäufer und andere Kunden ansteckte.



Vor diesem Hintergrund fügt sich das Verordnungspaket, das die Stadtverwaltung von Wuhan am 20. Mai be­schloss, eher ins Gesamtkonzept chinesischer Ablen­kungs­manöver ein: Es verwandelt die Provinzhauptstadt rigoros in ein „Schutzgebiet für Wildtiere“. Deren Ver­zehr ist nun verboten, wie auch die Jagd auf sie. Ihre Zucht unterliegt strikten Kontrollen. Betroffenen Bauern bieten die Behörden Aufkäufe an, um ihnen eine Umstel­lung auf den Anbau von Obst, Gemüse, Teepflanzen oder Heilkräutern schmackhaft zu machen. Diese Maßnahmen beglücken bestimmt alle Stachel­schweine, Bambusratten und Wildgänse in und um Wuhan ungemein, dürften zur Prävention künftiger Seu­chen aber nullkommanichts bei­tragen. Denn Ausnahmen gelten für „wissenschaftliche Forschung, Populations­regu­lierung“ – vermutlich des Tierbestands, nicht der Bevölkerung -, „Überwachung von epidemischen Krankheiten und anderen besonderen Umständen". (13) Auch die nächste Pandemie dürfte deshalb weniger von den Marktständen und Kochtöpfen, Ställen und Freiluftgehegen irgendwelcher Bürger ausgehen als von Erregern aus Wildtieren von irgendwoher, die Wu­hans Virologen weiterhin wissbegierig in ihr Institut schaffen - und biotechnisch optimieren.


Ist es nicht bemerkenswert, dass neuerdings selbst chinesische Wissenschaftler öffentlich vom Tiermarkt-Mythos abrücken? Dem Wall Street Journal zufolge "sagte Chinas führender Epidemiologe am 25. Mai, dass Tests von Proben vom (Huanan-Markt) keinen Zusam­menhang zwischen den dort verkauften Tieren und dem Erreger zeigen konnten". (14) Da sämtliche pandemiebezo­ge­nen Mitteilungen von Wissenschaftlern in China zen­tral überprüft werden, (15) dürfen wir daraus folgern, dass Peking von der Huanan-Markt-Theorie aus Mangel an Beweisen nun offiziell abrückt. Tatsächlich nennt die Volkstageszeitung, das offizielle Organ der Kommuni­sti­schen Partei Chinas, am 27. Mai den Huanan-Markt „eher ein Opfer als den Ausgangspunkt“ von SARS-CoV-2. Das Virus habe vielmehr „mehrere Ursprünge“. (16) Bei dieser vagen Andeutung belässt es der Pressetext, auf einen möglichen Laborausbruch geht er mit keinem Wort ein. Wir sollten darauf bestehen.

(Harald Wiesendanger)


Mit diesem Artikel begann ich am 27. Mai 2020 bei Facebook eine Serie über die Ursprünge der Corona-Pandemie. Darin begründete ich den Verdacht: SARS-CoV-2 ist nicht natürlich entstanden, es stammt aus einem Labor. Mächtige Interessengruppen versuchen uns darüber hinwegzutäuschen.

Daraufhin schlug Facebooks Zensur zu: Angeblich verstieß die Serie gegen "Gemeinschaftsstandards". Wie von Geisterhand verschwanden einzelne Folgen aus fast allen Gruppen, deren Admins sie bereits angenommen hatten. Die Reichweite meiner Beiträge wurde um 90 % abgesenkt, selbst unsere Abonnenten erreichte ich kaum noch.

Also habe ich daraus ein Buch gemacht, mit dem Titel Corona-Rätsel. Infos/Bestellung hier.


Anmerkungen

2 2 Graham, R. L., Donaldson, E. F. & Baric, R. S. Nature Rev. Microbiol. 11, 836–848 (2013), https://www.nature.com/articles/nrmicro3143

3 WHO: Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) – The Kingdom of Saudi Arabia. Disease Outbreak.) News vom 24. Februar 2020, https://www.who.int/csr/don/24-february-2020-mers-saudi-arabia/en/

4 https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 28.5.2020, 9:25 Uhr

9 Nature Medicine December 2015; 21: 1508-1513; https://www.nature.com/articles/nm.3985


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