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  • Dr. Harald Wiesendanger

Am Horizont: die Hygienediktatur

Aktualisiert: 1. Mai 2021

Die Corona-Krise hat Demokratien schnurstracks in Polizeistaaten verwandelt. Das Erschreckendste: Fast alle finden das prima und machen mit. Vor einer „beispiellosen Überwachung der Gesellschaft“ warnen jetzt 589 Wissenschaftler in einer gemeinsamen Erklärung.



Vor einer „beispiellosen Überwachung der Gesellschaft“, beispielsweise durch Handy-Apps zur Kontaktverfolgung, warnen 589 Wissenschaftler in einer gemeinsamen Erklärung: „Wir sind besorgt, dass einige ‚Lösungen‘ für die Krise auf Schleichwegen zu Systemen führen könnten, die eine noch nie dagewesene Überwachung der Gesellschaft als Ganzes ermöglichen würden.“


Automatische Kontaktverfolgung über Bluetooth und Geolokalisierung (GPS) „würden eine Form der staatlichen oder privatwirtschaftlichen Überwachung ermöglichen, die das Vertrauen in eine solche Anwendung und deren Akzeptanz in der Gesellschaft insgesamt katastrophal beeinträchtigen würde. (…) Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir bei der Bewältigung der gegenwärtigen Krise kein Instrument schaffen, das eine groß angelegte Datenerhebung über die Bevölkerung ermöglicht, weder jetzt noch zu einem späteren Zeitpunkt.“


Die Verwendung von Apps, um Kontaktpersonen zu ermitteln, und der sie unterstützenden Systeme müsse „freiwillig sein“ und „mit der ausdrücklichen Zustimmung des Nutzers erfolgen“. Die Systeme „müssen so konzipiert sein, dass sie abgeschaltet und alle Daten gelöscht werden können, wenn die aktuelle Krise vorüber ist“.


Zu den Unterzeichnern zählen 59 Professoren und Dozenten deutscher Universitäten und Forschungseinrichtungen, unter anderem in Berlin, Potsdam, Hamburg, Düsseldorf, Bochum, Wuppertal, Paderborn, Darmstadt, Kassel, Mannheim, Saarbrücken, Passau, Lübeck, Oldenburg, Erlangen und Bamberg.


Geheimdienste zahlreicher Länder wenden die umstrittene Kontrolltechnik bereits an.


Google hat zugesagt, seine gigantische Sammlung mobiler Standortdaten „zu nutzen, um festzustellen, ob Menschen auf der ganzen Welt Regierungsanweisungen befolgen“.


Norwegens Premierminister Solberg stellte eine App vor, die Benutzer benachrichtigt, wenn sie sich länger als 15 Minuten weniger als 2 Meter von einer infizierten Person entfernt befinden. "Um zu einem normaleren Leben zurückzukehren, müssen wir uns alle anstrengen und diese App nutzen", sagte er.


Weltweit wird die Zivilbevölkerung massiv mittels Drohnen überwacht. US- Technologieunternehmen werben für „Pandemie-Drohnen“, die mit "künstlich intelligenten Wärmekameras“ bestückt sind. Sie sollen in der Lage sein, erhöhte Körpertemperatur, Herz- und Atemfrequenz bei „Infektionsverdächtigen“ zu erkennen, selbst inmitten einer größeren Menschenmenge; daraufhin senden sie eine Warnung, dass die Betreffenden „möglicherweise den Coronavirus in sich tragen". (1)


In Deutschland begrüßen die beiden großen Polizeigewerkschaften Drohnen als wertvolles Instrument, um Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise zu überwachen. „Wenn Sie sich als Polizei bei gutem Wetter einen Überblick über eine Grünfläche oder einen Park in einer Großstadt verschaffen wollen, dann kann eine Drohne ein sinnvolles Mittel sein“, erklärt der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek. Die Landespolizeien von Hessen und Bayern nutzen „Quadrokopter“ genannte Modelle, um zur Covid-19-Bekämpfung Kontaktverbote zu kontrollieren. In Nordrhein-Westfalen fliegen sie, „um sich einen Überblick über eventuelle Menschenansammlungen zu verschaffen“. Bestückt mit Lautsprechern, schweben sie über Grünanlagen, um die Bevölkerung zu „belehren“. Über Rügens Stränden kreisen die wendigen, vielseitig einsetzbaren Fluggeräte, um Corona-Verbote zu überwachen, nach „illegalen“ Urlaubern und Menschenansammlungen zu fahnden. Dank Wärmebildkamera können sie sogar Grillpartys aufspüren.


Auch viele andere Länder setzen in der Corona-Krise die kleinen Fluggeräte ein: von Italien, Großbritannien, Belgien, Spanien und andere EU-Ländern über Indien, Indonesien, Malaysia, die Vereinigten Arabischen Emirate bis nach - natürlich - China. Zum Internet-Hit wurden im Februar Videos aus der Volksrepublik, in denen Drohnen Passanten auffordern, nach Hause zu gehen oder Masken zu tragen. Heute stammen solche Aufnahmen aus der halben Welt. In Frankreich kreisen Drohnen über die Boulevards und Plätze der französischen Metropole und anderer größerer Städte wie Nizza, auch um die Ausgangsbeschränkungen zu überwachen. „Achten Sie auf den Sicherheitsabstand“ oder „Verlassen Sie das Haus nur, wenn es absolut nötig ist“, so lauten die Lautsprecher-Botschaften.


In England verzeichnet die Polizei eine drastische Zunahme von Anrufen, in denen Bürger Nachbarn melden und verhaften lassen wollen, weil sie „draußen herumlaufen“ und „einander in ihren Gärten und Hinterhöfen treffen“. Inzwischen hat sie ein Online-Portal eingerichtet, in dem anonym Personen angezeigt werden können, „die sich nicht an die ‚Social Distancing‘-Regeln halten“.


Als in Spanien eine Frau entgegen der strikten Ausgangssperre an der frischen Luft joggte, wurde sie brutal von der Polizei festgenommen. Sie schrie um Hilfe. Dabei filmten sie Anwohner, die für ihre Notlage keinerlei Mitgefühl hatten. „Es ist nicht fair, dass du rausläufst und rennst, du verdammte Idiotin', rief ihr jemand zu.


Auf einer Rundfahrt wurde eine englische Familie, obwohl sie Masken und Handschuhe trug, von Beamten angehalten; als die Poliei über diesen Vorfall auf Twitter berichtete, mussten sich die „Straftäter“ als „absolute Idioten“ und „Clowns“ beschimpfen lassen.


Eine Australierin in Victoria sah sich mit "gebrochenem Herzen" und wie eine Kriminelle zurückgelassen, nachdem uniformierte, bewaffnete Polizisten am langen Osterwochenende die Beerdigung ihres Vaters unterbrochen hatten, um soziale Distanzierungsregeln durchzusetzen.


Eva Kummeth, die Ehefrau von Fernsehstar Horst Kummeth („Dahoam is Dahoam“), schwamm eine Runde im Feringasee bei Unterföhring. Da tauchte ein Ordnungshüter des Landratsamts auf und verwarnte sie: „Ich solle so schnell wie möglich meine Sachen packen und verschwinden. Es sei nämlich nicht erlaubt, sich auf der Wiese umzuziehen. Wenn er mich nochmals erwische, bekäme ich ein Badeverbot.“ Die Frage der Gemaßregelten, ob sie jetzt nackt zum Auto rennen solle, ließ der Aufpasser unbeantwortet. „Das war unwürdig“, sagt die Zurechtgewiesene. „Ich fühle mich entmündigt.“ Auf Nachfrage einer Zeitungsredaktion erklärte die Behörde: Das Schwimmen sei durchaus erlaubt, auch das rasche Umziehen – aber nur, sofern man am See nicht länger verweile. Wer zu lange braucht, um sich seines nassen Badeanzugs zu entledigen, mache sich strafbar.


Im Saarland nehmen Ordnungskräfte die Personalien eines älteren Herrn auf, der eine kurze Verschnaufpause im Sitzen benötigte, und erstatten Anzeige wegen der „Ordnungswidrigkeit“ des „Sitzens auf Parkbank“. (2)


In Berlin ziehen, zur Durchsetzung des Infektionsschutzgesetzes, Polizeitrupps nachts durch leere Straßen, wo sie nach einem Bericht der Tageszeitung taz „vor allem auf Leute stoßen, die nicht anders können, als sich dort aufzuhalten: Obdachlose, Menschen, denen zuhause in der zu kleinen Wohnung ohne Balkon die Decke auf den Kopf fällt, und Leute, die in psychischen Ausnahmezuständen sind, möglicherweise befeuert durch eine andauernde Isolation.“


In Frankfurt zerschlug die Polizei gewaltsam eine mit peniblem Abstand von zwei Metern gebildete Menschenkette.


Paradoxerweise kontrollieren Beamte Menschenansammlungen selber in größeren Gruppen, eng beieinanderstehend; mit vollen Mannschaftswagen fahren sie zum nächsten Einsatzgebiet – womöglich als regelrechte „Superspreader“.


In Bayern verhängte ein Ordnungsamt ein Bußgeld von 178,50 Euro gegen einen Mitbürger, der während des Corona-Lockdowns die Ungeheuerlichkeit wagte, sich am hellichten Tag außerhalb seiner Wohnung in eine Hängematte zu legen.


In Düsseldorf untersagte das Verwaltungsgericht einen Autokorso zum Thema "Wahrung der Grundrechte und für freie Impfentscheidung" – mit der karnevalesken Begründung, der Veranstalter habe „nicht die Einhaltung der für den Schutz der Bevölkerung vor Infektionen erforderlichen Maßnahmen sichergestellt“.“ Insbesondere „im Bereich von Ampeln und Fußgängerüberwegen“ seien deshalb „die Entstehung von Personenansammlungen und die damit einhergehende wesentliche Erschwerung der Einhaltung des allgemeinen Abstandsgebots zu befürchten“. (VG Düsseldorf, 30.4.2020 - Az: 7 L 766/20).


In Dortmund wird eine junge Frau beim Einkaufen von einem halben Dutzend Polizisten mit roher Gewalt festgenommen – sie sei einer Beamtin „20 Zentimeter zu nahe gekommen“.


Während einer Kundgebung wird eine Teilnehmerin polizeilich angewiesen, sie solle das deutsche Grundgesetz nicht vor der Brust halten, weil dies eine „unerlaubte politische Botschaft“ sei.


Selbst ältere Frauen erleben auf verstörende Weise Polizeigewalt.


In Südafrika setzte die Polizei Gummigeschosse und Peitschen gegen Hunderte von Käufern ein, die vor einem Supermarkt in Johannesburg Schlange standen, ohne den Mindestabstand einzuhalten.

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In Australien muss jeder, der sein Haus „ohne vernünftige Entschuldigung“ verlässt, mit einem Bußgeld bis zu 11.000 Dollar oder sechs Monaten Gefängnis rechnen.


Ein Ehepaar wurde mit einer saftigen Geldstrafe belegt und mit Inhaftierung bedroht, weil es während der Coronavirus-Sperre auf Facebook alte Urlaubsfotos aus dem Jahre 2019 gepostet hatte; jemand hatte es wegen einer verbotenen „nicht notwendigen Reise“ angeschwärzt.


Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte warnte, er werde der Polizei und dem Militär des Landes befehlen, jeden zu erschießen, der während einer einmonatigen Abriegelung der Insel Luzon, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, "Ärger macht".


In Nigeria tötete die Polizei allein in der ersten Aprilhälfte 18 Menschen wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen. Im selben Zeitraum verzeichnete das Land offiziell 12 Covid-19-Opfer.


Im US-Bundesstaat Michigan segnete ein Gericht ab, dass jeder, der wegen Verdachts auf eine Covid-19-Erkrankung als „potentieller Überträger und Gesundheitsbedrohung“ gilt, „von der Polizei festgenommen und in eine Einrichtung für unfreiwillige Isolierung geschafft werden kann".


Der irische Journalist Jason O’Toole, der in Madrid lebt, berichtet über das Notstandsregime in Spanien: „Mit dem Militär auf den Straßen ist es schwer, nicht von Kriegsrecht zu sprechen. George Orwells Big Brother ist hier lebendig und wohlauf, und die spanische Polizei überwacht jeden mit Hilfe von Überwachungskameras oder durch Drohnen. Allein in den ersten vier Wochen wurden 650.000 Menschen zu einer Geldstrafe verurteilt und 5.568 verhaftet. Ich war schockiert, als ich einen Videoclip sah, in dem ein Polizist einen psychisch kranken jungen Mann mit schwerer Gewalt festnahm, der offenbar gerade mit Brot nach Hause ging.“


Die US-Journalistin Whitney Webb schreibt in einem Text mit dem Titel „Wie der nationale Sicherheitsstaat der USA das Coronavirus nutzt, um eine orwellsche Vision zu verwirklichen“: „Im vergangenen Jahr forderte eine US-Regierungs­­kommission, ein mit künstlicher Intelligenz gesteuertes Massen­über­wachungs­­system einzuführen, das weit über das in jedem anderen Land verwendete hinausgeht, um die amerikanische Hegemonie im Bereich der künstlichen Intelligenz zu sichern. Nun werden unter dem Deckmantel der Bekämpfung der Coronavirus-Krise viele der identifizierten ‚Hindernisse‘ zur Einführung dieses Systems rasch beseitigt.“ (3)


Dass eine Pandemie für den Ausbau weltweiter Überwachungs- und Kontroll­instrumente genutzt werden kann, ist keine neue Idee. Schon im Jahre 2010 beschrieb die Rockefeller Foundation in einem Arbeitspapier zu technologischen und gesellschaftlichen Zukunftsentwicklungen ein „Lock Step Szenario“, in dem die heutigen Entwicklungen überraschend präzise antizipiert wurden. (4)


Auf der ganzen Welt „testen die Polizeikräfte, wie weit sie bei der Bestrafung gewöhnlichen Verhaltens gehen sollen", resümiert die New York Times.


Überall, so bilanziert The Guardian, habe die Polizei in der Corona-Krise „die Lizenz erhalten, das Verhalten auf eine Weise zu kontrollieren, die selbst für einen autoritären Staat normalerweise extrem wäre". Es komme zu Exzessen von „Gewalt und Demütigung“. Die Coronavirus-Pandemie habe zu einem beispiellosen globalen Anstieg der digitalen Überwachung geführt, so zitiert das Blatt Forscher und Datenschützer; dabei sehen sich „Milliarden von Menschen mit einer verbesserten Kontrolle konfrontiert, von der sich erweisen könnte, dass sie schwer rückgängig zu machen ist".


„Es besteht die Gefahr, dass diese neuen, oft sehr invasiven Maßnahmen weltweit zur Norm werden“, warnt auch der Business Insider.


Die New York Times fordert ihre Leser auf: „Stellen Sie sich ein Amerika vor, das in zwei Klassen geteilt ist [...] Es wird ein beängstigendes Schisma sein. Diejenigen mit Antikörpern werden reisen und arbeiten können, der Rest wird diskriminiert werden."


Harald Wiesendanger


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