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Dr. Harald Wiesendanger

Psi-Diagnostik - Wenn Schweigen Gold ist

Die meisten Heiler behandeln nicht nur - sie konfrontieren Hilfesuchende mit vermeintlich außersinnlichen Diagnosen, im Vertrauen auf ihre Fähigkeit, mutmaßliche Ursachen eines gesundheitlichen Problems, die schulmedizinisch nicht feststellbar sind, zuverlässig zu identifizieren. Solche “Enthüllungen” sind meist gut gemeint - und fast immer unbedacht, verantwortungslos und kontraproduktiv, getragen von Selbstüberschätzung und ohne Rücksicht darauf, wieviel Unheil sie beim Patienten anrichten können.


Wer zu wissen meint, jemand schwebe in Gefahr – hat er nicht das Recht, den mutmaßlich Bedrohten unverzüglich zu warnen? Ist er nicht sogar moralisch verpflichtet dazu? Das hängt davon ab, wie sicher er sich sein darf. Nach allem, was wir über die physikalischen Kräfte wissen, die eine abgehende Lawine, ein heranbrausendes Auto entfalten kann, sollten wir lauthals „Achtung!“ brüllen, wenn wir eins von beiden auf einen Ahnungslosen hinterrücks zurollen sehen. Andernfalls machen wir uns unterlassener Hilfeleistung schuldig. Doch was ist, wenn die vermeintliche Gefahrenquelle unsichtbar in einem Anderen steckt? Ein Blutgerinnsel etwa, eine Entzündung, ein Virenbefall oder ein bösartiger Tumor, von denen der Betroffene nichts ahnt, weil sie noch keinerlei Beschwerden verursachen? Dann geht es um Warnungen, die sich medizinisch abklären lassen, mittels bewährter Diagnostik. Also sollte er dem vermeintlich Gefährdeten nahelegen, einen Arzt aufzusuchen – möglichst behutsam, ohne ihn zu verängstigen; denn in der Blut- oder Stuhlanalyse, im Röntgenbild, im CT oder MRT könnte sich erweisen, dass der Warner falschen Alarm gab. Aber wenn sich der mutmaßliche Krankheitsherd jeglicher unabhängigen, objektiven Überprüfung entzieht? Psi-Diagnostiker verblüffen Ärzte Was sich vom 4. bis 30. Juni 1990 im Militärkrankenhaus der bulgarischen Donaustadt Rousse zutrug, lässt Mediziner, die daran beteiligt waren, bis heute ins Schwärmen geraten. Unter ständiger Aufsicht einer vierköpfigen Ärztekommission sollte die bulgarische Geistheilerin Krassimira Dimowa zeigen, was sie kann. Dabei hatte sie nicht nur mehreren Dutzend chronisch Kranken die Hände aufzulegen - geprüft wurden auch ihre angeblichen diagnostischen Fähigkeiten.

Dazu wurden ihr fünf Patienten vorgeführt, denen nicht im geringsten anzusehen war, woran sie litten. Die ärztlichen Diagnosen, die der Heilerin natürlich verschwiegen wurden, lauteten: Tumor an beiden Eierstöcken; Spondylitis tuberculosa, die häufigste Form der Skelett-Tuberkulose, bei der Entzündungen in allen Abschnitten der Wirbelsäule auftreten können; ein retriperitonealer, d.h. hinter dem Bauchfell gelegener Tumor; eine bösartige Geschwulst am Blinddarm, mit Metastasen an der Leber; knotige Verhärtungen in der linken Brust.

Bei jedem Patienten glitten Dimowas Hände zunächst wie suchend um den ganzen Körper herum; die Bewegungen stockten, sobald die Heilerin fündig geworden schien. In allen fünf Fällen verblüffte sie die Ärztekommission: Was sie erspürte, deckte sich ausnahmslos mit dem pathologischen Befund. Auch wenn "die Heilerin ihre Diagnosen nicht präzise formulierte", so "lokalisierte sie doch die betroffenen Bereiche, gab deren Grenzen und Größen an, beschrieb den Grad der Bös- oder Gutartigkeit", wie die Klinik in ihrem Abschlussbericht hervorhebt. Auch war Frau Dimowa imstande, zwischen "lokalen (örtlich eingrenzbaren) Erkrankungen und allgemeinen Erkrankungen mit lokalem Ausdruck zu unterscheiden." (1)

Für eine ähnlich verblüffende Treffsicherheit ihrer intuitiven Diagnosen hochgelobt wurden ärztlicherseits auch schon andere Heiler. Der US-Neurochirurg Norman Shealy bescheinigte der amerikanischen Heilerin Carolyn Myss, die heute in Chicago lebt, in 93 Prozent aller Fälle habe sie „präzise“ angeben können, was einem Patienten fehlte – allein anhand von deren Namen und Geburtsdatum. (2) Dem Heiler Henry Rucker, der in den siebziger Jahren als Pastoralberater am St. Francis Hospital in LaCrosse, Wisconsin, tätig war – er starb 82-jährig im Jahr 2003 -, bescheinigte er eine Diagnosegenauigkeit von 70 Prozent, „ohne den Patienten zu sehen“. (3) Im deutschsprachigen Raum sorgte die Heilerin Alena Jöstl für Schlagzeilen, die ab 1998 neun Jahre lang am Kantonsspital Glarus in St. Gallen, Schweiz, tätig war, bis ihr Fürsprecher und Förderer, der dortigen Chefarzts Prof. Kaspar Rhyner, 2007 in Pension ging. Jöstl behauptete, sie könne „die Energiebahnen im Körper zu sehen“, die sie mit Farbstiften auf Papier malte, und daran Störungen, Mängel und Blockaden zu erkennen. „Nach den ersten Monaten mit ihr“, sagt Dr. Jakob Brunner, damaliger Leitender Arzt auf der Medizinischen Abteilung, „mussten wir uns eingestehen: Diese Frau hat ganz klar seherische Fähigkeiten. Die kann einen Menschen lesen.“ (4) Vom „Röntgenblick“ bis zu Eingebungen aus dem Jenseits: die Vielfalt intuitiver Diagnostik Wie die genannten Vier, so "behandeln" die meisten Geistheiler nicht nur - sie meinen auch außersinnlich zu erkennen, was Hilfesuchenden fehlt. Parapsychologen sprechen von Psi-Diagnostik: einem anscheinend intuitiven Wissen über Krankheiten - sei es über ihre Art, ihre Ursache oder ihren Verlauf -, das offenbar paranormalen Ursprungs ist, weil es weder aus unmittelbaren Beobachtungen von körperlichen Merkmalen, Verhaltensweisen und Äußerungen eines Patienten gewonnen noch aus Vorkenntnissen über ihn und bekannte medizinische Gesetzmäßigkeiten erschlossen worden sein kann. Am verbreitetsten sind dabei (5) - Aurafühlen, das Erspüren eines oder mehrerer "Energiekörper", die den physischen Leib durchdringen und erhalten. Mit bloßen Händen werden deren Unregelmäßigkeiten erspürt - z.B. abnorme Wärme oder "Dichte" in bestimmten Bereichen - und daraus auf Krankheiten geschlossen; - Aurasehen, visuelle Eindrücke eines oder mehrerer leuchtender Hüllen um den Körper, mit bedeutsamen Unterschieden in der Farbe, Ausdehnung und Geschlossenheit; - "Röntgenblick", das hellsichtige "Durchleuchten" des Körpers wie mit Röntgenaugen, das einzelne Organe, ihre Strukturen und Funktionsweisen erkennbar machen soll; - Empathie ("Mitfühlen"): Manche Heiler spüren die Beschwerden ihrer Klienten buchstäblich am eigenen Leib; - Symbolische Visionen: Vorstellungsbilder tauchen auf, die ein Leiden symbolisch darstellen, z.B. ein Nervenleiden als zerrissene Drähte; - Mediumismus: Jenseitige "Geistwesen" benutzen den Heiler anscheinend als Werkzeug, um durch ihn ihre überlegenen medizinischen Kenntnisse und Fähigkeiten in den Dienst an Kranken zu stellen; - Psychometrie: In Abwesenheit von Hilfesuchenden genügt manchen Heilern irgendein persönlicher Gegenstand (z.B. ein Foto, eine Haarlocke, eine Handschrift), aus dem sie "lesen". Psi-Diagnosen: Grenzen und Gefahren Nahezu jeder Geistheiler lässt irgendwann im Laufe der Behandlung durchblicken, dass er auf die eine oder andere Weise außersinnlich erfasst, was dem Patienten fehlt. Das lässt viele Patienten hoffen, deren Leidensursachen von Ärzten entweder gar nicht, widersprüchlich oder offenbar falsch diagnostiziert worden sind, worauf therapeutische Fehlschläge hindeuten. Und je stärker Verzweifelte hoffen, desto leichter verlieren sie die nötige kritische Distanz. Um so größer ist die Enttäuschung, wenn die hohen Erwartungen nicht erfüllt werden - um so größer auch die Gefahr, durch diese Erwartungen irregeleitet zu werden. Wer als Patient Psi-Diagnosen sucht - oder von Geistheilern unaufgefordert damit konfrontiert wird -, muss sich über deren Grenzen im klaren sein, um keinen Schaden zu nehmen (6): 1. Zwischen Psi-Diagnostikern bestehen beträchtliche Qualitätsunterschiede. In wissenschaftlichen Tests erzielten einzelne herausragende Könner zwar atemberaubende Trefferquoten; doch die meisten blieben im Bereich der Zufallswahrscheinlichkeit richtigen Ratens. 2. Selbst die Allerbesten können irren - und liegen in Einzelfällen haarsträubend daneben. 3. Wie jedes außersinnliche Wahrnehmungsvermögen, so unterliegt auch die Psi-Diagnostik einem unberechenbaren Auf und Ab. Publik werden immer nur Leistungen, die in optimaler seelischer und geistiger Verfassung unter günstigen äußeren Bedingungen erzielt worden sind; aber auch Hellseher haben, wie alle Berufsgruppen, gute und schlechte Tage. 4. Psi-Diagnosen fallen fast immer zu allgemein, vage und mehrdeutig aus, um brauchbar zu sein, d. h. eine gezielte Suche nach Krankheitsursachen und darauf abgestimmte therapeutische Maßnahmen zu ermöglichen. Dies rührt zum Teil daher, dass die erhaltenen Eindrücke selbst verschwommen oder symbolisch verschlüsselt sind, zum Teil auch daher, dass es Hellsichtigen im allgemeinen an dem nötigen medizinischen Wissen mangelt, sie richtig zu interpretieren. 5. Oft nennen Psi-Diagnostiker eine derartige Vielzahl von angeblich vorliegenden Krankheiten, dass irgendeine daraus mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffen wird. 6. Die Übereinstimmung verschiedener Psi-Diagnostiker bezüglich ein und desselben Patienten ist weit davon entfernt, hundertprozentig zu sein. (Dass dies auch für Vertreter anerkannter Heilberufe gilt, ist für Hilfesuchende ein schwacher Trost.) 7. Oft irren sich Psi-Diagnostiker in der Zeit. Wie kann ein Seher Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verwechseln, während er im übrigen recht behält? Außersinnliche Eindrücke, wie alle geistigen Bilder, sind "zeitneutral": Ein und derselbe Bewusstseinsinhalt kann eine Erinnerung, eine Wahrnehmung oder eine Erwartung sein. Dies auseinanderzuhalten, fällt Sensitiven selbst dann schwer, wenn ihre Angaben im übrigen zutreffen. Dadurch sorgen sie bei Klienten oftmals für erhebliche Verwirrung. Auch über- oder unterschätzen sie Zeiträume häufig. 8. Oft scheinen Psi-Diagnostiker telepathisch aufzunehmen, was ihre Klienten oder deren Bezugspersonen an Ahnungen, Befürchtungen und Vorstellungen mitbringen, und verwechseln sie mit eigenen hellsichtigen Erkenntnissen. Auch daraus können gravierende Diagnosefehler entstehen. 9. Anders als Diagnosegeräte sind Heiler nie frei von subjektiven Empfindungen, Eindrücken, Assoziationen, Erinnerungen und Emotionen. Sie beeinflussen diagnostische Intuitionen zwangsläufig. Aber bietet die unkonventionelle Medizin nicht reichlich Verfahren, subjektive Eindrücke zu „objektivieren“: beispielsweise der Muskeltest in der Angewandten Kinesiologie, Pendel und Rute in der medizinischen Radiästhesie? Längst hat sich in Tests erwiesen, dass selbst erfahrene Anwender nicht dagegen gefeit sind, unbewussten Vorannahmen folgend einen ausgestreckten Arm mal stärker, mal leichter zu drücken – und ihr radiästhetisches Gerät entsprechend zu bewegen. Hilft apparative Messtechnik weiter? Doch ob nun die Kirlan-Fotografie (7) - und erst recht die populären „Aura-Kameras“ auf Esoterikmessen –, die GDV-Technik des St. Petersburger Biophysikers Prof. Konstantin Korotkov (8), die „Energetische Terminalpunkt-Diagnostik“ (ETD) des Heilpraktikers Peter Mandel (9) oder die „Energetische Meridianmessung mit Prognos A(R)“ (10): sie alle sind weit davon entfernt, zuverlässig und objektiv zu sein. Kurzum, außerhalb der konventionellen Medizin existiert bislang kein einziges Verfahren, das verborgene Krankheitsursachen im Körperinneren, oder gar „unkörperlich“-„feinstoffliche“, zuverlässig und intersubjektiv nachprüfbar identifizieren kann. Schon gar nicht liegt bisher irgendeines vor, das prognostisch relevant wäre, d.h. verlässliche Voraussagen darüber erlaubt, welche physische oder psychische Erkrankung demnächst oder jemals ausbrechen könnte. Für Psi-Diagnostiker, wie subjektiv überzeugt auch immer, kann der Schluss daraus nur lauten: Schweigen ist Gold. Warnungen an Hilfesuchende Und welche Schlüsse hat ein Patient daraus zu ziehen? Sollte er, angesichts der zahlreichen Fehlerquellen und Gefahren, lieber gar nicht erst danach fragen, worauf ein Heiler sein Leiden zurückführt - oder weghören, nicht weiter ernst nehmen, was ihm darüber vorgetragen wird? Aber auch der Heiler selbst gerät in eine Zwickmühle: Soll er seine Klienten darüber aufklären, was er über ihr Leiden außersinnlich zu erkennen meint - und sie dadurch vielleicht unnötig ängstigen? Oder soll er verschweigen, was er sicher zu wissen glaubt - und somit eine frühzeitige, möglicherweise sogar lebenswichtige Warnung unterlassen, zu der er moralisch verpflichtet wäre? Auch wenn Psi-Diagnosen von Unfehlbarkeit weit entfernt sind, Richtiges und Falsches meist unentwirrbar vermischt sind: Könnten sie nicht doch zumindest wichtige Fingerzeige, erste Anhaltspunkte liefern? Statt sie ohne weiteres für bare Münze zu nehmen, sollte sie der Patient schleunigst ärztlich überprüfen lassen. Nur so lässt sich ihr Gefahrenpotential entschärfen. Aber wie verhält man sich bei Psi-Diagnosen, deren Überprüfung unmöglich ist? Das hängt von der Art des Befundes ab. Die meisten Geistheiler beschränken sich auf den Bereich des "Energetischen": Sie treffen Aussagen über den Zustand Ihrer Aura ("Im Magenbereich ist sie dunkler und schwächer") oder über Ströme und Gleichgewichte Ihrer Lebensenergie ("Der X-Meridian ist blockiert", "Ihr Y-Chakra arbeitet nicht richtig"). Diese angeblichen energetischen Störungen haben sich entweder bereits körperlich ausgedrückt - dann müssten sie, sofern sie keine Hirngespinste sind, über kurz oder lang auch von einem gewissenhaften Schulmediziner feststellbar sein. Oder sie beschränken sich bisher nur aufs Unkörperliche - dann disponieren sie allenfalls zu entsprechenden Erkrankungen, müssen aber nicht und niemals manifest werden. Denn zu den zentralen Annahmen der energetischen Medizin gehört es, dass jene inneren Prozesse, die über Gesundheit oder Krankheit entscheiden, nicht autonom ablaufen, sondern durch eine geeignete Geisteshaltung, psychische Verfassung und Lebensführung nahezu grenzenlos steuerbar sind: etwa durch größere innere Ruhe und Gelassenheit, durch bewussteres, tieferes und ruhigeres Atmen, durch freiere, unverkrampftere Körperhaltung und Bewegung, durch den Abbau von Ängsten, Aggressionen und Konflikten, durch positives Denken und bestärkende Autosuggestionen – und eben auch durch „geistig-energetische“ Einwirkungen von außen, durch einen sogenannten „Heiler“. Sich darum zu bemühen, ist in jedem Fall empfehlenswert - gleichgültig, ob die energetische Diagnose zutrifft oder nicht. Was ist Hilfesuchenden zu raten, denen ein Psi-Diagnostiker, vorgeblich "außersinnlich", eine lebensbedrohliche Erkrankung "ansieht" und den nahen Tod prophezeit? Von ihm sollten sie sich unverzüglich verabschieden. Denn er verstößt verantwortungslos gegen eine ethische Grundforderung an seriöse Heilbemühungen: Patienten darf keine Angst gemacht werden - denn diese Angst kann jene Katastrophe, auf die sich bezieht, überhaupt erst herbeiführen. Wer hypochondrisch einen Tumor in seinem Körper vermutet, wird ihn mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann auch einmal bekommen - vermittelt über neuroimmunologische Prozesse, die seine Psyche unter anhaltendem Angststress in Gang setzt und chronisch aufrechterhält. Viele Psi-Diagnosen wirken als self-fulfilling prophecies, als Prophezeiungen, die sich selbst erfüllen. Konfrontiert mit vermeintlichen "Enthüllungen" über versteckte Leiden oder die wahren Ursachen offensichtlicher Beschwerden, achten Patienten anschließend in der Regel besonders aufmerksam auf entsprechende Anzeichen; viele beginnen sie geradezu ängstlich zu erwarten. So kann eine übersinnlich festgestellte "Magenschwäche" dann leicht zu passenden Symptomen führen, auch wenn zum Zeitpunkt der Diagnose noch keine Rede von derlei Beschwerden sein konnte. Warum der Verhaltenskodex der Stiftung Auswege/IVH Psi-Diagnosen strikt untersagt Aus all diesen Gründen verlangt der Verhaltenskodex der Stiftung Auswege/IVH von geistig Heilenden kurz und bündig, „keine Diagnosen zu stellen“ (§ 3). Im Teamkodex für alle Mitwirkenden an „Auswege“-Therapiecamps heißt es ausführlicher (§ 5): „Gegenüber Patienten und ihren Angehörigen stellen wir keine Diagnosen – und dies im weitesten Sinne. Wir äußern wir nichts, was entsprechend missverstanden werden könnte: seien es außersinnlich wahrgenommene Eigenschaften der Aura, vermutete Ereignisse in früheren Inkarnationen, mediale Eingebungen von Engeln und Geistführern; kinesiologisch, radiästhetisch oder sonstwie festgestellte Defizite; energetische Blockaden von Chakren und Meridianen, Belastungen durch Fremdenergien usw. Diagnostische Eindrücke können Behandlungen leiten, ohne mitgeteilt werden zu müssen.“ Die erwähnten Vorbehalte gelten für alle genannten Arten von Psi-Diagnostik gleichermaßen. Denn bisher fehlen jegliche wissenschaftlichen Anhaltspunkte dafür, dass irgendeine dieser Methoden den übrigen überlegen ist. In jedem Bereich lassen sich eine Handvoll herausragende Könner, eine Menge Mittelmaß und allzu viele Versager finden. Nicht die Methode entscheidet - sondern die paranormale Begabung, die kritische Selbstkontrolle und das Verantwortungsbewusstsein derer, die sie anwenden. Von daher ist es zweitrangig, ob Sie sich von einem "wandelnden Röntgengerät" durchleuchten, von einem Aura-Fühligen abgreifen oder ein Pendel ihren Körper entlangschwingen lassen. Wertvolle Hinweise können Sie von jeder Vorgehensweise erwarten, ebenso wie Sie bei jeder auf Enttäuschungen gefasst sein müssen. Und sollten Sie je in Versuchung geraten, außersinnliche Enthüllungen allzu schnell für bare Münze zu nehmen: Denken Sie an ein elfjähriges Mädchen namens Emily Rosa - und bewahren Sie sich etwas von deren kindlicher Neugier. Die kleine Amerikanerin aus Loveland, Colorado, dachte sich Anfang 1998 eine simple Versuchsanordnung aus, um die "Aurafühligkeit" von Heilern zu testen. In ein Tuch, das als Sichtblende diente, schnitt sie zwei Löcher, durch die ein Heiler seine Arme streckte. Ein Münzwurf entschied, über welche ausgestreckte Hand Emily jeweils eine eigene hielt. Bei 280 Versuchen war auf den Spürsinn von 21 getesteten Heilern im Schnitt lediglich zu 44 Prozent Verlass - noch unterhalb der Wahrscheinlichkeit, durch bloßes Raten richtig zu liegen. (11)

Dieser Artikel enthält Auszüge aus Harald Wiesendanger: Wenn Schweigen Gold ist - Grenzen und Gefahren der Psi-Diagnostik (2016).


Anmerkungen 1 Zitiert nach Krassimira Dimowa, "Mein Weg zur Heilerin", Grenzgebiete der Wissenschaft 4/1991, S. 311-333. 2 Norman Shealy: “The Role of Psychics in Medical Diagnosis”, in Rick Carlson (Hrsg.): Frontiers of Science and Medicine, New York 1975. 3 Norman Shealy: „Medical and Counselling Intuition“, Artikel auf dessen Website https://normshealy.com 4 Zit. nach St. Galler Tagblatt vom 17. Juli 2007, online nachzulesen bei www.tagblatt.ch/altdaten/tagblatt-alt/tagblattheute/hb/ostschweiz/tb-os/art778,113897 5 Die folgenden und weitere Methoden der Psi-Diagnostik werden ausführlich vorgestellt in Harald Wiesendanger: Das Große Buch vom geistigen Heilen - Möglichkeiten, Grenzen, Gefahren, Lea-Verlag: Schönbrunn 2000, S. 200 ff. 6 Die folgenden Einschränkungen begründe ich eingehend in meinem Großen Buch vom Geistigen Heilen, a.a.O., S. 228ff. 7 H. Treugut u.a.: „Kirlian photography: accidental or person-specific pattern?“ Forschende Komplementarmedizin 7/2000, S. 12-16 8 Beverly Rubik: „Measurement of the Human Biofield and Other Energetic Instruments“, in Lyn Freeman (Hrsg.): Mosby´s Compementary and Alternaive Medicine: A Research-Based Approach, Elsevier: Oxford 3. Aufl. 2008, Kap. 20. 9 H. Treugut u.a.: „Reliabilität der Energetischen Terminalpunktdiagnose (ETD) nach Mandel bei Kranken“, Forschende Komplementarmedizin 2/1998; S. 224-229 10 H. Treugut u.a.: „Reliabilität der energetischen Meridianmessung mit Prognos A(R)“, Forschende Komplementarmedizin 5/1998, S. 284-289 11 Der Spiegel 16/1998, taz 4./5.7.1998

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